Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Leitsatz
Eine Erbengemeinschaft veräußerte einen Pkw des Erblassers, den dieser als Unternehmer einer Personengesellschaft - an der er beteiligt war - entgeltlich überlassen hatte. Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz stellt dazu fest, dass die Erbengemeinschaft aus der Veräußerung des Fahrzeugs auch dann Umsatzsteuer schulden würde, wenn die Erbengemeinschaft selber nicht unternehmerisch tätig geworden ist.
Sachverhalt
Der Erblasser war Partner einer Sozietät. Er hatte ein Fahrzeug erworben, das er entgeltlich der Sozietät überlassen hatte. Durch die entgeltliche Überlassung ergab sich die Unternehmereigenschaft des Erblassers, aus dem Ankauf des Fahrzeugs hatte der Erblasser den Vorsteuerabzug vorgenommen.
Nach dem Tod des Erblassers veräußerte die Erbengemeinschaft das Fahrzeug ohne aus dem Verkaufserlös Umsatzsteuer abzuführen. Im Anschluss an eine Betriebsprüfung bei der Sozietät, die das Fahrzeug angemietet hatte, wurde ein geänderter Umsatzsteuerbescheid für das Todesjahr gegenüber der Erbengemeinschaft als Rechtsnachfolger erlassen. Neben verfahrensrechtlichen Einwändungen wegen der Adressierung des Bescheids wandten die Erben gegen den Bescheid ein, dass die Unternehmereigenschaft nicht durch den Erbfall auf die Erben übergegangen sei und deshalb der Verkauf des Fahrzeugs in Ermangelung der Unternehmereigenschaft der Erbengemeinschaft nicht steuerbar sei.
Entscheidung
Das Finanzgericht hat die Klage der Erbengemeinschaft als unbegründet abgewiesen und den angefochtenen Umsatzsteuerbescheid für rechtmäßig erklärt. Zwar geht die Unternehmereigenschaft mit dem Tod des Erblassers nicht auf die Erben über, wenn diese das Unternehmen des Erblassers nicht fortführen. Nach Auffassung des Gerichts verwirklichen die Erben aber mit der Beendigung der Unternehmensbindung einen Entnahmetatbestand (heute unentgeltliche Lieferung nach § 3 Abs. 1b Nr. 1 UStG), wenn das Unternehmen nicht fortgeführt wird und die Erben den Gegenstand auch nicht für eigene unternehmerische Zwecke verwenden. Das Gericht ist der Überzeugung, dass durch den Erbfall die Verpflichtung auf die Erbengemeinschaft übergegangen ist, das Wirtschaftsgut entweder weiter zu unternehmerischen Zwecken zu nutzen oder eine entsprechende Besteuerung der Entnahme vorzunehmen. Das Gericht sieht sich hier auch in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des EuGH (u.a. Urteil v. 6.5.1992, Rs. C-20/91 - de Jong), dass ein dem Unternehmen zugeordneter Gegenstand, der den Vorsteuerabzug zugelassen hatte, bei der Entnahme (nichtunternehmerischer Verwendung) einer Umsatzsteuer unterliegen müsse, damit der Unternehmer gegenüber einem gewöhnlichen Verbraucher keinen ungerechtfertigten Vorteil hat. Dies müsse entsprechend auch für die Erbengemeinschaft gelten.
Hinweis
Der vom Gericht entschiedene Sachverhalt betrifft einen in der Literatur umstrittenen und höchstrichterlich nicht entschiedenen Fall. Zwar setzt sowohl die steuerbare (entgeltliche) Lieferung wie auch die Entnahme eines Gegenstands nach § 3 Abs. 1b UStG die Unternehmereigenschaft voraus, die die Erbengemeinschaft zweifelsfrei nicht durch den Erbfall erworben hat. Allerdings wäre es aus systematischen Gründen nicht zufriedenstellend, wenn ein vorsteuerentlasteter Gegenstand unbesteuert verwendet werden kann, nur weil er im Erbgang auf einen Erben oder eine Erbengemeinschaft übergegangen ist.
Im Zusammenhang mit dem Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz ist zu beachten, dass der Entnahmetatbestand nach Auffassung des Gerichts erst durch die tatsächliche Verwendung ausgelöst werden kann. Das alleinige Besitzen des Gegenstands, ohne diesen einer Verwendung zuzuführen, kann damit noch nicht die Besteuerung als Entnahme auslösen.
Da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, hat das Finanzgericht die Revision zugelassen.
Link zur Entscheidung
FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 11.01.2007, 6 K 1423/05