Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Leitsatz
Die Eigengarantie (Verlängerung der Garantie), die ein Kfz-Händler gegenüber einem Gebrauchtwagenkäufer gewährt, ist eine unselbständige Nebenleistung zu der Hauptleistung und unterliegt der Umsatzsteuer, soweit nur ein Anspruch gegen den Händler begründet wird.
Sachverhalt
Ein großer Kraftfahrzeughändler bot Kunden beim Kauf eines Kfz eine Eigengarantie ("Wertpaket") an. Wählte der Käufer das Wertpaket, so leistete der Händler Gewähr nach Maßgabe der Garantiebedingungen. Durch die Gewährleistung hatte der Käufer innerhalb der vereinbarten Garantiedauer (Regellaufzeit: 1 Jahr) einen Anspruch auf Reparatur des garantiepflichtigen Schadens im vorgesehenen Umfang. Dabei blieb es dem Händler im Fall einer Schadensmeldung vorbehalten, das Fahrzeug selbst anzunehmen oder dem Garantienehmer an einen anderen, geeigneten Werkstattbetrieb weiterzuleiten. Dem Kunden stand danach aber nur ein Anspruch gegen den Händler zu. Der Kläger wollte aus den Verkaufserlösen einen Teil als steuerbare und nach § 4 Nr. 8 UStG steuerfreie Leistung erfassen, die Finanzverwaltung unterwarf den Gesamtkaufpreis der Umsatzbesteuerung.
Entscheidung
Das Gericht sah die Klage als unbegründet an. Entgegen der Entscheidung des BFH , in der bei einer Car-Garantie durch einen Autoverkäufer eine eigenständige steuerfreie Leistung angenommen wurde, ist das Gericht zur Überzeugung gekommen, dass aus der Sicht eines Durchschnittsverbrauchers der Eigengarantie kein eigenständiger wirtschaftlicher Gehalt zukommt. Entgegen der im BFH-Urteil v. 16.1.2003 vorliegenden Gestaltung, bei der dem Kunden ein Anspruch gegen den Händler und gegen eine Versicherung zustand - und so z. B. im Falle der Insolvenz des Händlers das Risiko auf mehrere Personen verteilt wird -, stand dem Kunden bei der Eigengarantie nur ein Anspruch gegenüber dem Händler zu. Damit fehlte die aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers wesentliche Versicherungskomponente aber gerade bei der händlereigenen Garantie.
Hinzu trat, dass der Händler die Preise mit dem Wertpaket kalkulierte und auch inklusive dieses Wertpakets anbot. Erst in den Fällen, in denen der Kunde das Wertpaket nicht wünschte, wurde der Verkaufspreis reduziert. Auch wurde das Wertpaket nicht in der Rechnung gesondert ausgewiesen.
Hinweis
Das FG Münster weist in seiner Entscheidung darauf hin, dass die Behandlung der Eigengarantie in der Literatur nicht unumstritten ist - und hat aus diesem Grund Revision bei BFH zugelassen.
Das Finanzgericht hat aber über die Entscheidung hinaus festgestellt, dass eine Steuerbefreiung (§ 4 Nr. 8 Buchst. g UStG) selbst dann nicht vorliegen würde, wenn eine eigenständige Leistung bezüglich der Eigengarantie anzunehmen wäre. Während der BFH in seinem Urteil 2003 noch von der Anwendung dieser Befreiungsnorm ausgegangen war, geht das Finanzgericht unter Bezugnahme auf den EuGH davon aus, dass nur die Übernahme von Geldverbindlichkeiten unter den Anwendungsbereich der Befreiungsnorm fallen kann. Da im vorliegenden Fall eine solche Übernahme einer Geldverbindlichkeit aber nicht vorliegt, würde eine Befreiung auch bei eigenständiger Leistung nicht in Betracht kommen.
Link zur Entscheidung
FG Münster, Urteil vom 08.06.2009, 5 K 3002/05 U