Dipl.-Finanzwirt (FH) Jens Keese
Leitsatz
Ein ermäßigter Umsatzsteuersatz gem. §12 Abs. 2 Nr. 7c UStG kommt für das Gutachten eines Diplom-Biologen nur in Betracht, wenn die Einräumung von Nutzungsrechten an Urheberrechten Hauptzweck der Leistung ist.
Sachverhalt
Die Tätigkeit des Klägers als selbständiger Diplom-Biologe bestand in den Jahren 1992-1994 darin, den mit dem Naturschutz beauftragten staatlichen Stellen durch eine Bestandsaufnahme der vom Aussterben bedrohten Vogelarten, die Erforschung ihrer Lebensbedürfnisse und Lebensgewohnheiten Entscheidungsgrundlagen für den Schutz dieser Vogelarten zur Verfügung zu stellen. Hierzu hat der Kläger in den Streitjahren diverse Gutachten erstellt. In den Werkverträgen wurde ein "Genehmigungsvorbehalt" vereinbart, nach dem der Kläger verpflichtet war, Ergebnisse, die aufgrund des Vertrages gewonnen wurden, nur nach schriftlicher Genehmigung des Auftraggebers Dritten durch Einsichtnahme in das Gutachten, Überlassung von Kopien oder in sonstiger Weise zugänglich zu machen.
Strittig ist die Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes bezüglich der Entgelte für die Tätigkeit des Klägers.
Entscheidung
Entgegen der Auffassung des Klägers ist der ermäßigte Steuersatz gem. § 12 Abs. 2 Nr. 7c UStG nicht anzuwenden. Die Umsatzsteuer ermäßigt sich auf 7% für Umsätze, die die Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Rechten, die sich aus dem Urheberrechtsgesetz ergeben, zum Gegenstand haben. Sie ist jedoch nach Auffassung des FG nicht anwendbar, wenn Nutzungsrechte an Urheberrechten nur als unselbständige Nebenleistung zu einer Hauptleistung eingeräumt werden.
Das FG geht davon aus, dass die vom Kläger erstellten Gutachten Urheberrechtsschutz genießen. Zweifelhaft bleibt aber, ob durch den in den Werkverträgen enthaltenen "Genehmigungsvorbehalt" dem Auftraggeber ein Nutzungsrecht an den Urheberrechten im Sinne der §§ 31 ff. UrhG eingeräumt wird. Durch die vertragliche Regelung wird der Kläger zwar in der Nutzung des Urheberrechts eingeschränkt, ohne aber dem Auftraggeber ein Recht zur Vervielfältigung und Verbreitung einzuräumen.
Die Hauptleistung des Klägers bestand in der Erstellung der in den Werkverträgen vereinbarten Gutachten, so dass die Einräumung von Nutzungsrechten an Urheberrechten allenfalls unselbständige Nebenleistung sein kann. Für die Einräumung von Nutzungsrechten an Urheberrechten wurde auch kein gesondertes Entgelt vereinbart, was als Indiz für die Nebenleistung anzusehen ist (vgl. u.a. BFH, Urteil v. 19.11.1998, VR 19/98, BFH/NV 1999 S. 836). Dies hat zur Folge, dass der ermäßigte Steuersatz keine Anwendung findet.
Hinweis
Im Streitfall waren die Gutachten und Studien nicht von vornherein zur Veröffentlichung bestimmt, so dass das FG Baden-Württemberg in seinem Urteil die Auffassung der Finanzverwaltung in R 168 Abs. 14 UStR stützt. Danach ist die Übergabe eines Gutachtens oder einer Studie regelmäßig nicht mit der Einräumung urheberrechtlicher Nutzungsrechte verbunden, selbst wenn das Werk urheberrechtlichen Schutz genießt. Werden mit dem Gutachten auch Urheberrechte zur Vervielfältigung und Verbreitung übertragen, ist der volle Steuersatz anzuwenden, wenn - wie im Streitfall offensichtlich gegeben - die Hauptleistung in der Erstellung des Gutachtens im eigenen Interesse des Auftraggebers liegt. Obwohl die Arbeiten des Klägers im Streitfall teilweise als Buch, in Radiosendungen oder in anderer Form veröffentlicht wurden, kommt die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nicht in Betracht. Anders wäre es sicher gewesen, wenn der Kläger die Ausarbeitungen speziell für die Veröffentlichung in Buchform oder im Rundfunk erstellt und in diesem Zusammenhang Nutzungsrechten an Urheberrechten übertagen hätte.
Link zur Entscheidung
FG Baden-Württemberg, Urteil vom 05.06.2003, 14 K 216/98