Jean Bramburger-Schwirkslies, Michele Schwirkslies
Bei noch unbekannten Unternehmen sollte der Leistungsempfänger immer die Rechtsform und Anschrift kontrollieren. Unzutreffende Angaben können dazu führen, dass das Finanzamt den Vorsteuerabzug streicht. Bisher haben Finanzverwaltung und Rechtsprechung verlangt, dass der leistende Unternehmer in seiner Rechnung die Anschrift angibt, an der er seine Tätigkeit ausübt. Nunmehr hat der BFH seine Rechtsprechung geändert. Es reicht aus, dass der leistende Unternehmer eine Adresse angibt, unter der er postalisch erreichbar ist.
Bundesfinanzhof hat in 2 Fällen den Vorsteuerabzug zugelassen
1. Fall: Ein Autohändler erwarb Kraftfahrzeuge von einem Einzelunternehmer, der im Onlinehandel tätig war, ohne ein Autohaus zu betreiben. Er erteilte dem Autohändler Rechnungen, in denen er als seine Anschrift einen Ort angab, an dem er postalisch erreichbar war. Das Finanzamt lehnte den Vorsteuerabzug ab, weil der Onlinehändler in seiner Rechnung nicht den Ort angegeben hatte, an dem er seine Tätigkeit ausübt.
2. Fall: Ein Unternehmer hatte 200 Tonnen Stahlschrott von einer GmbH erworben. In den Rechnungen der GmbH war die im Handelsregister angegebene Anschrift angegeben. Tatsächlich befanden sich dort die Räumlichkeiten einer Anwaltskanzlei. Die von der GmbH für Korrespondenz genutzte Festnetz- und Faxnummer gehörten der Kanzlei, die etwa 15 bis 20 Firmen als Domiziladresse diente. Ein Schreibtisch in der Kanzlei wurde gelegentlich von einem Mitarbeiter der GmbH genutzt. Das Finanzamt lehnte deshalb den Vorsteuerabzug ab.
Ergebnis: Der BFH bejahte in beiden Fällen, dass ordnungsgemäße Rechnungen vorliegen, die den Vorsteuerabzug ermöglichen.
Für den Vorsteuerabzug reicht es aus, wenn der leistende Unternehmer in seiner Rechnung eine vollständige Adresse angibt, unter der er postalisch erreichbar ist. Für Unternehmer hat sich die Situation nunmehr deutlich verbessert, weil es für den Vorsteuerabzug jetzt nur noch darauf ankommt, dass eine Adresse angegeben ist, unter der der leistende Unternehmer postalisch erreichbar ist. Problematisch ist es jedoch, wenn der Unternehmer im Zeitpunkt der Lieferung unter der angegebenen Adresse nicht mehr erreichbar war.
Angabe der zutreffenden Adresse des leistenden Unternehmers
Ein Unternehmer hat von einem Gebrauchtwagenhändler ein hochwertiges Fahrzeug gekauft und darüber eine Rechnung mit Umsatzsteuerausweis erhalten. Der Unternehmer hatte sich die Unternehmereigenschaft des Gebrauchtwagenhändlers bestätigen lassen. Der Gebrauchtwagenhändler war allerdings im Zeitpunkt der Lieferung des Fahrzeugs nicht mehr unter der Adresse erreichbar, die er in der Rechnung angegeben hatte. Lt. BFH darf das Finanzamt den Vorsteuerabzug ablehnen.
Lösung: Der Unternehmer holt das Fahrzeug am Firmensitz des Gebrauchtwagenhändlers ab. Dann steht für ihn (und auch für das Finanzamt) eindeutig fest, dass die in der Rechnung angegebene Anschrift tatsächlich stimmt.
Vergleichbare Probleme können z. B. auftreten, wenn der Unternehmer Rechnungen von einer GmbH erhält, die nicht bzw. nicht mehr existiert. Bei Veränderungen der Rechtsform muss der Rechnungsempfänger Acht geben: Wenn die neu gegründete GmbH noch nicht im Handelsregister eingetragen ist, kann die Abrechnung durch das Einzelunternehmen, das in eine GmbH umgewandelt wird, unzutreffend sein.