OFD Chemnitz, Verfügung v. 19.05.1999, S 7175-8/3-St 34
Mit Wirkung vom 01.01.1992 wurden die Gebrechlichkeitspflegschaft und die Entmündigung durch das Betreuungsgesetz (BGBl. I 1990, 2002) abgeschafft. Seither kann das Amtsgericht für Volljährige, die aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung ihre Angelegenheit ganz oder teilweise nicht besorgen können, auf Antrag einen Betreuer bestellen. Der Betreuer vertritt gemäß § 1902 BGB den Betreuten als gesetzlichen Vertreter, übernimmt also z. B. die Vermögenssorge, in der Regel aber nicht die häusliche (Kranken-)Pflege. Zum Betreuer werden in erster Linie natürliche Personen bestellt. In schwierigen Fällen, oder wenn kein geeigneter Einzelbetreuer gefunden werden kann, wird ein Betreuungsverein oder eine Behörde zum Betreuer bestellt.
Die für die Führung der Vormundschaft geltenden Regelungen, insbesondere die Vorschriften des BGB wurden mit dem Gesetz zur Änderung des Betreuungsrechts sowie weiterer Vorschriften (Betreuungsrechtsänderungsgesetz – BtÄndG vom 25.06.1998, BGBl. 1998 I S. 1580) z. T. neu gefasst. Mit der Einführung dieses Gesetzes wurden auch die Vergütungssätze für die Führung von Betreuungen für mittellose Betreute neu festgelegt (§ 1 Berufsvormündervergütungsgesetz – BVermVG, BGBl. 1998 I S. 1586).
Bei der umsatzsteuerlichen Beurteilung der verschiedenen Betreuer bitte ich folgende Auffassung zu vertreten:
1. Einzelbetreuer
Ein Einzelbetreuer führt nur eine oder wenige Betreuungen und übt nebenher einen Hauptberuf aus, es sei denn, er ist arbeitslos oder aus Altersgründen nicht mehr erwerbstätig. Die Betreuungstätigkeit wird ehrenamtlich ausgeführt und ist nach § 4 Nr. 26b UStG steuerfrei, wenn das Amtsgericht lediglich die Aufwendungen ersetzt (§ 1908 i. V. m. § 1835 BGB).
Durch Vergütungen nach § 1836 BGB werden bestimmte Fachkenntnisse oder andere erschwerende Umstände abgegolten. Sie erfüllen die Voraussetzungen nach § 4 Nr. 26b UStG nicht mehr. Wird eine derartige Vergütung gezahlt, ist die Betreuungstätigkeit im ganzen steuerpflichtig, weil sie nicht mehr „ehrenamtlich” ausgeübt wird. Vergütungen, die gemäß § 1835 Abs. 3 BGB für Dienste des Betreuers, die zu seinem Gewerbe oder seinem Beruf gehören, gewährt werden, sind ebenfalls nicht nach § 4 Nr. 26b UStG steuerfrei.
2. Berufsbetreuer
Ein sog. Berufsbetreuer führt zahlreiche Betreuungen aus. Diese auf dauerhaft angelegte Tätigkeit erfolgt zum Haupterwerbszweck. Dem Betreuer werden vom Amtsgericht regelmäßig Vergütungen nach § 1836 BGB zugesprochen. In diesem Fall wird die Betreuungstätigkeit nicht mehr nebenberuflich und infolgedessen nicht mehr ehrenamtlich ausgeübt. Die Vergütungen für diese Tätigkeit sind unabhängig von der Zahlungsgrundlage steuerpflichtig. Weist der Berufsbetreuer die Umsatzsteuer nicht offen aus, ist sie aus den Vergütungen herauszurechnen.
3. Betreuungsvereine
Gemäß § 1908f Abs. 1 BGB i. V. m. § 3 Nr. 2 des Gesetzes zur Ausführung des Betreuungsgesetzes vom 10.11.1992 (Sächs. GVBl. S. 539) kann ein rechtsfähiger Verein als ein Betreuungsverein anerkannt werden, wenn er unter anderem gewährleistet, dass er
- eine ausreichende Zahl an geeigneten Mitarbeitern hat und diese beaufsichtigt und weiterbildet,
- sich planmäßig um die Gewinnung ehrenamtlicher Betreuer bemüht und diese in ihre Aufgaben einführt, fortbildet und berät sowie
- den Anforderungen der Gemeinnützigkeit im Sinne des Steuerrechts genügt.
Dementsprechend gehört zu den Aufgaben eines Betreuungsvereines vor allem die Anwerbung, Schulung und Beratung von Betreuern. Damit werden gemeinnützige Zwecke verfolgt. Übernimmt der Verein darüber hinaus selbst die Betreuung, so fördert er der Art nach mildtätige Zwecke i. S. d. § 53 Nr. 1 AO. Erhält der Verein hierfür Zahlungen nach § 1908e BGB, so fallen diese in einem Zweckbetrieb nach § 66 AO (Wohlfahrtspflege als Unterfall der Mildtätigkeit) an.
Die Betreuungsleistungen der Vereine gegen Entgelt stellen steuerpflichtige Umsätze gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG dar. Liegt ein Zweckbetrieb gem. § 66 AO vor, ist der ermäßigte Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 8a UStG anzuwenden. Die Steuerbefreiungsvorschrift des § 4 Nr. 18 UStG kommt für Leistungen, die nach dem 01.01.1999 erbracht werden nicht zur Anwendung, da das erforderliche Tatbestandsmerkmal der Entgeltsbeschränkung § 4 Nr. 18 Buchst.c UStG) fehlt. Nach der für die Führung der Vormundschaft geltenden Regelungen (§§ 1836,1836a Betreuungsänderungsgesetz – BtÄndG – vom 25.06.1998 i. V. m. § 1 Berufsvormündervergütungsgesetz – BvormG –) wurden die Vergütungen ab 01.01.1999 für alle Berufsbetreuer (Vereins- als auch freiberufliche Betreuer) einheitlich festgelegt.
4. Behördenbetreuer
Wird eine Behörde, wie z. B. das Jugendamt (juristische Person des öffentlichen Rechts), zum Betreuer bestellt, ist nur dann eine steuerbare unternehmerische Betätigung gegeben, wenn die Behörde im Rahmen eines Betriebes gewerblicher Art tätig wird Abschn. 23 Abs. 1 UStR). Ist dies der Fall, bit...