Leitsatz
1. Bei der Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen handelt es sich um eine Tätigkeit, die einer Einrichtung des öffentlichen Rechts obliegt, wenn sie im Rahmen einer öffentlich-rechtlichen Sonderregelung erfolgt. Dies ist dann der Fall, wenn die Ausübung dieser Tätigkeit das Gebrauchmachen von hoheitlichen Befugnissen umfasst.
2. Art. 4 Abs. 5 Unterabsatz 3 der 6. EG-RL ist so auszulegen, dass Einrichtungen des öffentlichen Rechts in Bezug auf von ihnen ausgeführte und nicht unbedeutende Tätigkeiten nicht immer als Steuerpflichtige gelten. Nur dann, wenn diese Einrichtungen eine in Anhang D der 6. EG-RL ausgeführte Tätigkeit ausüben oder einen dort ausgeführten Umsatz tätigen, ist eine unbedeutende Tätigkeit oder ein entsprechender Umsatz von der Umsatzsteuerpflicht befreit, sofern das nationale Recht von der in Art. 4 Abs. 5 Unterabsatz 3 der 6. EG-RL vorgesehenen Befugnis Gebrauch gemacht hat.
3. Der Finanzminister eines Mitgliedstaats kann durch nationales Gesetz ermächtigt werden, festzulegen, was unter dem Begriff der größeren Wettbewerbsverzerrung i.S.v. Art. 4 Abs. 5 Unterabsatz 2 der 6. EG-RL und was unter in nicht unbedeutendem Umfang ausgeübte Tätigkeit i.S.v. Art. 4 Abs. 5 Unterabsatz 3 der 6. EG-RL zu verstehen ist, sofern seine Entscheidung von den nationalen Gerichten überprüft werden kann.
4. Art. 4 Abs. 5 Unterabsatz 4 der 6. EG-RL ist so auszulegen, dass das Unterbleiben der Steuerbefreiung für die Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen gem. Art. 13 Teil B Buchstabe b der Richtlinie es nicht verhindert, dass Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die diese Tätigkeiten ausüben, für diese nicht umsatzsteuerpflichtig sind, wenn die Voraussetzungen in den Unterabsätzen 1 und 2 dieser Bestimmung erfüllt sind.
Normenkette
§ 2 Abs. 3 UStG , Art. 4 Abs. 5 der 6. EG-RL
Sachverhalt
In einem Vorlagefall des Portugiesischen Supremo Tribunal Administrativo ging es um die Umsatzsteuerpflicht der Stadtverwaltung von Porto für die Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen. Die Stadt Porto lehnte eine Umsatzsteuerpflicht unter Hinweis auf ihre hoheitlichen Befugnisse ab.
Entscheidung
Der EuGH legte zunächst dar, dass im vorliegenden Fall die fragliche Tätigkeit mit der Befugnis, das Abstellen auf einer dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Straße zu genehmigen oder zu beschränken oder die Überschreitung der erlaubten Abstellzeit mit einer Geldbuße zu belegen, das Gebrauchmachen hoheitlicher Befugnisse umfasse. Damit sei die Feststellung erlaubt, dass die Tätigkeit einer öffentlich-rechtlichen Sonderregelung unterliege. Hieraus leite sich aber nicht automatisch eine Nichtsteuerbarkeit ab. Vielmehr sei zu prüfen, ob – eventuell durch den Gesetz- oder Verordnungsgeber geregelt – eine Wettbewerbsverzerrung oder eine bedeutende Tätigkeit vorliege. Nur eine bedeutende Tätigkeit i.S.d. Anhangs D der 6. EG-RL könne jedoch zwingend die Steuerpflicht begründen.
Hinweis
Juristische Personen des öffentlichen Rechts unterliegen nach dem deutschen Umsatzsteuerrecht nur dann der Umsatzsteuer, wenn sie im Rahmen eines Betriebs gewerblicher Art tätig sind. Das Umsatzsteuerrecht knüpft zur Beantwortung der Frage, ob ein solcher Betrieb gewerblicher Art vorliegt, in § 2 Abs. 3 UStG bedingungslos an das deutsche Körperschaftsteuerrecht an. Damit ist das deutsche Rechtsverständnis nicht mit den Vorgaben der 6. EG-RL in Art. 4 Abs. 5 kompatibel, wenngleich die Ergebnisse häufig übereinstimmen.
Die Vorgaben der 6. EG-RL lauten:
Soweit eine juristische Person des öffentlichen Rechts hoheitlich tätig wird, ist sie mit dieser Tätigkeit grundsätzlich nicht umsatzsteuerpflichtig. Dem entspricht die deutsche Rechtspraxis, die den Betrieb von Parkuhren und von Parkautomaten, soweit im Rahmen der StVO durchgeführt, nicht der Umsatzsteuer unterwirft.
Etwas anderes gilt nur dann, wenn diese Tätigkeit in wirtschaftliche Konkurrenz zu anderen (gewerblichen) Anbietern führen würde, also die Nichtbesteuerung zu einer Wettbewerbsverzerrung führen könnte. Konsequenterweise wird im deutschen Umsatzsteuerrecht die Unterhaltung von bewachten Parkplätzen und Parkhäusern als Betrieb gewerblicher Art angesehen, eine Tätigkeit, die grundsätzlich Umsatzsteuer auslöst.
Sofern eine juristische Person des öffentlichen Rechts eine nicht unbedeutende Tätigkeit ausübt, ist sie nicht automatisch Unternehmerin, sondern nur dann, wenn sie eine Tätigkeit ausübt, die im Anhang D der 6. EG-RL aufgelistet ist. Diese Aussage hat der EuGH in dem vorliegenden Urteil nochmals bestätigt.
Bislang war noch unklar, wer die Kriterien für das Vorliegen einer Wettbewerbsstörung oder einer bedeutenden Tätigkeit festlegen kann. Hier hat der EuGH nunmehr klargestellt, dass hierzu der Gesetzgeber aber auch durch Ermächtigung der Verordnungsgeber aufgerufen sein kann, wenn nur eine Überprüfung durch nationale Gerichte sichergestellt werden kann. Eine entsprechende Änderung des UStG oder der UStDV wäre also möglich.
Schließlich regelt Art. 4 A...