LfSt Bayern v. 21.12.2007, S 7500 - 9 St 35 N
Überblick über die neuen Umsatzsteuerrichtlinien 2008
Der Bundesrat hat in seiner 836. Sitzung am 21.9.2007 beschlossen, der von der Bundesregierung vorgelegten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Ausführung des Umsatzsteuergesetzes (Umsatzsteuer-Richtlinien 2008 – UStR 2008) gemäß Artikel 108 Abs. 7 GG zuzustimmen (BR-Drucksache 430/07). Zielsetzung der neuen Umsatzsteuer-Richtlinien 2008 ist die Anpassung der geltenden Umsatzsteuer-Richtlinien 2005 in der Fassung vom 16.12.2004 an die durch Rechtsänderungen, Rechtsprechung und Verwaltungsentscheidungen hervorgerufene Entwicklung des Umsatzsteuerrechts.
Die Umsatzsteuer-Richtlinien 2008 (UStR 2008) gelten für Umsätze, die nach dem 31.12.2007 ausgeführt worden sind (so auch Abschn. 284 Satz 1 UStR 2008). Dennoch können einige Regelungen der UStR 2008 in der Praxis auch für Besteuerungszeiträume vor diesem Stichtag angewandt werden, da die Neuerungen der UStR 2008 überwiegend aus BMF-Schreiben der letzten Jahre stammen. In der Vergangenheit ergangene Verwaltungsanweisungen, die zu den neuen Richtlinien im Widerspruch stehen, sind ab dem 1.1.2008 nicht mehr anzuwenden (Abschn. 284 Satz 2 UStR 2008). Dennoch gelten BMF-Schreiben, die keinen ausdrücklichen Widerspruch zu den neuen Richtlinien bilden, weiter, auch wenn ihr Inhalt nicht ausdrücklich in die UStR 2008 aufgenommen wurde.
1. Sicherungsübereignung / Abschn. 2 Abs. 1 Satz 4 UStR 2008
Die BFH-Urteile vom 6.10.2005, V R 20/04, und vom 30.3.2006, V R 9/03 sowie das hierzu ergangene BMF-Schreiben vom 30.11.2006, BStBl 2006 I S. 794 fanden Eingang in Abschn. 2 Abs. 1 Satz 4 UStR 2008. Die Finanzverwaltung stellt hierdurch klar, dass am umsatzsteuerrechtlichen Gebilde des Dreifachumsatzes bei der Sicherungsübereignung festgehalten wird. Veräußert der Sicherungsgeber mit Einverständnis des Sicherungsnehmers das Sicherungsgut im eigenen Namen, erstarkt die ursprüngliche Sicherungsübereignung zu einer Lieferung des Sicherungsgebers an den Sicherungsnehmer (= 1. Lieferung), während zugleich zwischen dem Sicherungsnehmer (Kommittent) und dem Sicherungsgeber (Kommissionär) eine weitere Lieferung nach § 3 Abs. 3 UStG vorliegt (= 2. Lieferung), bei der der Sicherungsgeber als Abnehmer gilt; die entgeltliche Lieferung gegenüber dem Dritten wird in der Folge vom Sicherungsgeber ausgeführt (= 3. Lieferung).
Diese Handhabe setzt nicht voraus, dass der Sicherungsfall infolge Zahlungsverzugs des Sicherungsgebers eingetreten ist; es reicht aus, dass der Sicherungsgeber im Auftrag des Sicherungsnehmers oder jedenfalls im Interesse des Sicherungsnehmers mit Rücksicht auf dessen wirklichen oder mutmaßlichen Willen das Sicherungsgut veräußert und den Veräußerungserlös an den Sicherungsnehmer herausgibt.
2. Gesellschaftsverhältnisse
2.1. Gesellschaftsgründung und Aufnahme von Gesellschaftern / Abschn. 6 Abs. 2 UStR 2008
Die Rechtsprechung zur Gründung von Gesellschaften (BFH-Urteil vom 1.7.2004, BStBl 2004 II S. 1022) wurde in Abschn. 6 Abs. 2 UStR 2008 aufgenommen. Damit stellt die Finanzverwaltung klar, dass eine Personengesellschaft bzw. Kapitalgesellschaft bei der Gründung bzw. Aufnahme eines Gesellschafters an diesen keinen steuerbaren Umsatz erbringt (so auch Abschn. 66 Abs. 2 UStR 2008 zu § 4 Nr. 8f UStG).
2.2. Leistungen zwischen Gesellschaftern und der Gesellschaft
2.2.1. Geschäftsführungsleistungen – Selbstständigkeit / Abschn. 17 Abs. 2 UStR 2008
Mit BMF-Schreiben vom 31.5.2007, Az. IV A 5 – S 7100/07/0031, gab das Bundesfinanzministerium überarbeitete Grundsätze zum Thema „Geschäftsführungs- und Vertretungsleistungen eines Gesellschafters an die Gesellschaft” bekannt. Dieses Schreiben trat an die Stelle der BMF-Schreiben vom 23.12.2003, BStBl 2004 I S. 240, sowie vom 21.9.2005, BStBl 2005 I S. 936, und wurde hinsichtlich der Frage der Selbstständigkeit des Geschäftsführers in Abschn. 17 Abs. 2 UStR 2008 aufgenommen.
In Abschn. 17 Abs. 1 Satz 2 UStR 2008 wird klargestellt, dass Vergütungen für eine nichtselbstständig ausgeübte Tätigkeit, die ertragsteuerrechtlich auf Grund der Sonderregelung des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG zu Gewinneinkünften umqualifiziert werden, nicht automatisch zur Selbstständigkeit des Gesellschafters führen (so auch Abschn. 17 Abs. 2 Satz 5 Beispiel 4 UStR 2008).
Abschn. 17 Abs. 2 Satz 4 UStR 2008 enthält nun die Aussage, dass auch ein GmbH-Geschäftsführer selbstständig tätig werden kann, obwohl er Organ der GmbH ist. Hintergrund ist die Rechtsformneutralität bei der Umsatzsteuer. Wenn der Gesellschafter einer Personengesellschaft selbstständig gegenüber der Gesellschaft auftreten kann, muss dies auch für den Gesellschafter-Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft gelten.
Ein Kommanditist kann neben seiner Geschäftsführerstellung in der Komplementär-GmbH zusätzlich auch eine Geschäftsführerstellung bei der GmbH & Co. KG unmittelbar innehaben (z.B. im Rahmen eines Dienstvertrags). Wird der Dienstvertrag unmittelbar zwischen dem Kommanditisten und der GmbH...