Leitsatz

Die nicht gesondert vereinbarte Überlassung von Parkplätzen, WLAN und Fitnesseinrichtungen an Hotelgäste unterliegt dem Regelsteuersatz.

 

Sachverhalt

Die Klägerin betreibt zwei Hotels, die jeweils über Parkplätze für Kfz verfügen. Diese konnten von Übernachtungsgästen ebenso kostenfrei genutzt werden, wie von weiteren Besuchern der Hotels und der Öffentlichkeit. Daneben hielt die Klägerin in beiden Hotels unentgeltlich ein "WLAN-Netz" vor. Außerdem standen den Gästen des einen Hotels Fitness- und Wellnesseinrichtungen zur Verfügung. Gesonderte Entgelte erhob die Klägerin für die Nutzung des Fitnessraums nicht. Soweit die Gäste ein Solarium, einen Tischfußballtisch, einen Dartautomaten oder Massagen in Anspruch nahmen, wurden ihnen die dafür entstehenden Entgelte gesondert und unter Ausweis von Umsatzsteuer zum Regelsteuersatz in Rechnung gestellt. Gleiches erfolgte für die Nutzung des Zimmertelefons für externe Telefonate sowie für Reinigungsleistungen, die Leistung des hauseigenen Restaurants und die Lieferung von alkoholischen Getränken aus der Minibar. Gestritten wird letztlich über den ermäßigten Steuersatz für die Leistungen Parkplatzüberlassung, WLAN und Fitnesseinrichtung.

 

Entscheidung

Die Klage hatte keinen Erfolg. Entgegen der Auffassung der Klägerin hat diese dadurch, dass sie den Hotelgästen Parkmöglichkeiten eingeräumt und die Nutzung eines WLAN-Netzes sowie einer Fitnesseinrichtung gestattet hat, Leistungen erbracht, die gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 UStG nicht dem ermäßigten Steuersatz unterliegen. Die Vorschrift steht ihrerseits im Einklang mit höherrangigem Recht. Zum einen wurden Leistungen erbracht, unerheblich davon, ob der Klägerin jeweils bekannt war, welcher Gast, welche Leistung konkret in Anspruch genommen hat. Die Leistungen wurden auch entgeltlich erbracht, da die Gäste für das Gesamtbündel der Leistungen (inklusive Übernachtung) ein entsprechend kalkuliertes Entgelt zu zahlen hatten. Der nationale Gesetzgeber hat mit § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG von der Ermächtigung in Art. 98 Abs. 1 MwStSystRL und Art. 98 Abs. 2 MwStSystRL in Verbindung mit Anhang III Kategorie 12 der MwStSystRL in selektiver Weise – und wegen des Erhalts des Vorsteuerabzugs für die in Zusammenhang mit den Beherbergungsleistungen vom Unternehmer bezogenen Eingangsleistungen ohne Verstoß gegen den Grundsatz der steuerlichen Neutralität – dadurch Gebrauch gemacht, dass nicht sämtliche "Beherbergungen in Hotels und ähnlichen Einrichtungen" einschließlich der dabei erbrachten Nebenleistungen dem ermäßigten Steuersatz unterworfen werden, sondern nur die Leistungen, die unmittelbar der Vermietung dienen. Dies ist unionsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. BFH, Urteil v. 24.4.2013, XI R 3/11). Der Grundsatz, dass eine (unselbstständige) Nebenleistung das Schicksal der Hauptleistung teilt, wird von diesem Aufteilungsgebot verdrängt.

 

Hinweis

Die Revision wurde durch das FG zugelassen und zwischenzeitlich auch eingelegt, Az beim BFH XI R 22/21. Weitere Revisionsverfahren zu vergleichbaren Fragestellungen sind anhängig, Az beim BFH XI R 34/20, Az beim BFH XI R 35/20 und Az beim BFH XI R 7/21.

Das FG hat sich im Streitfall auch ausdrücklich mit der EuGH-Entscheidung, EuGH, Urteil v. 18.1.2018, C-463/16 (Stadion Amsterdam), befasst, wonach einheitliche Leistungen, die sich aus einem Haupt- und einem Nebenbestandteil zusammensetzen und für die bei getrennter Erbringung verschiedene Steuersätze gelten würden, insgesamt zu dem für die Hauptleistung maßgeblichen Steuersatz zu besteuern sind, auch wenn der Preis der Nebenleistung bestimmt werden kann. Nach Ansicht des FG folgt für den Streitfall aus dieser Entscheidung aber nicht, dass die Anwendung des § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 UStG gegen die Mehrwertsteuersystemrichtlinie verstößt. Denn in jenem Urteilsfall sah das nationale Recht eine mit § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 UStG vergleichbare spezialgesetzliche Regelung eines Aufteilungsgebots nicht vor. Anders ausgedrückt: Das FG ist der Auffassung, dass der unionsrechtliche Grundsatz, wonach eine unselbständige Nebenleistung das Schicksal der Hauptleistung teilt, durch die Regelung des § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 UStG"verdrängt" wird. Insofern dürfen die diesbezüglichen Entscheidungen des BFH mit Spannung erwartet werden.

 

Link zur Entscheidung

Niedersächsisches FG, Urteil v. 19.08.2021, 5 K 174/19

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