Auch ohne Arbeitsplatzwechsel wird ein Wohnungswechsel typisierend als beruflich veranlasst angesehen, wenn durch den Umzug der erforderliche Zeitaufwand für den Weg zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte wesentlich verkürzt worden ist. Als wesentliche Verkürzung dieser Wegezeit gilt eine Zeitersparnis von mindestens 1 Stunde täglich.[1] Die Bestimmung der Fahrzeit auf der Grundlage der Daten von Routenplanern bietet dabei die größtmögliche Wahrscheinlichkeit für die tatsächliche Fahrzeit.[2] Bei einer Wegezeitverkürzung von 1 Stunde täglich steht die berufliche Veranlassung des Umzugs generell in der Weise fest, dass daneben private Motive in den Hintergrund treten.[3] Dies gilt auch für Umzüge innerhalb von Ballungsgebieten.[4] Der mit dem Erfordernis der Zeitersparnis verbundene Zweck der Vereinfachung und Praktikabilität für das Besteuerungsverfahren wäre nach Auffassung des BFH beeinträchtigt, wenn bei einem einerseits typischerweise beruflich veranlassten Umzug andererseits private Motive wieder Bedeutung erlangten. Außerdem soll diese Rechtsprechung ein nicht gebotenes Eindringen in die private Sphäre des Arbeitnehmers vermeiden helfen.[5] Erfolgt ein Umzug aus Anlass der Eheschließung von getrennten Wohnorten in eine gemeinsame Familienwohnung, ist die Wegezeitverkürzung für jeden Ehegatten gesondert zu ermitteln.[6]

Bei beiderseits berufstätigen Ehegatten dürfen die Fahrzeitersparnisse beider Ehegatten bei der Frage, ob eine mindestens 1-stündige Wegezeitverkürzung vorliegt, weder zusammengerechnet noch saldiert werden.[7] Es ist lediglich auf die Zeitersparnis des Ehegatten abzustellen, der die Umzugskosten als Werbungskosten geltend macht.

 
Praxis-Beispiel

Saldierung der Fahrzeitersparnisse bei Ehegatten

Die Wegezeit des Ehemanns verkürzt sich durch den Umzug um insgesamt 11/2 Stunden täglich, während die Wegezeit der Ehefrau umzugsbedingt arbeits­täglich sich um insgesamt 1 Stunde verlängert. Hier dürfen die Zeitersparnis des Ehemanns und die Wegezeitverlängerung bei der Ehefrau nicht zusammengerechnet werden. Deshalb ist die berufliche Veranlassung des Familienumzugs zu bejahen und der gesamte Umzugsaufwand zum Werbungskostenabzug zuzulassen.[8]

Bei Verkürzung der arbeitstäglichen Wegezeit um weniger als 1 Stunde soll ein beruflich veranlasster Umzug vorliegen können, wenn die neue Wohnung unmittelbar beim Arbeitsplatz belegen ist, sodass diese innerhalb kürzester Zeit zu Fuß erreichbar ist.[9]

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Finance Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge