Leitsatz
Aufwendungen wegen unechter doppelter Haushaltsführung sind jedenfalls ab 2003 nicht mehr als Werbungskosten abziehbar.
Sachverhalt
Ein Student der Wirtschaftswissenschaften beantragte für den Veranlagungszeitraum 2003 verschiedene Studienkosten sowie die Kosten einer doppelten Haushaltsführung als Werbungskosten im Wege der Feststellung eines bleibenden Verlustvortrags zum 31.12.2003 festzusetzen. Er unterhielt am Studienort eine Wohnung. In seinem Heimatort, der nach wie vor seinen Lebensmittelpunkt bildete, wohnte er allerdings kostenfrei bei den Eltern. Der Kläger berief sich, da das Finanzamt seine Aufwendungen nicht anerkannte, auf Abschnitt R 43 Abs. 5 der Lohnsteuerrichtlinien, nach denen auch die Kosten einer unechten doppelten Haushaltsführung als Werbungskosten berücksichtigungsfähig sind.
Entscheidung
Das Gericht hat als Ausgangspunkt die Studienkosten im Hinblick auf die spätere Berufstätigkeit des Studenten als Ökonom als abzugsfähig anerkannt. Insoweit stützt sich das Urteil auf die neuere Rechtsprechung des BFH, die die Kosten für ein Erststudium unter bestimmten Voraussetzungen als vorweggenommene Werbungskosten behandelt und die bis zur Gesetzesänderung 2004 Geltung beanspruchen kann. Die Aufwendungen für eine so genannte unechte doppelte Haushaltsführung hat das Gericht jedoch nicht berücksichtigt. Zur Begründung führt das Gericht an, dass die Lohnsteuerrichtlinien durch die Rechtsprechungsentwicklung und durch Gesetzesänderungen insoweit überholt sind, so dass sich der Kläger nicht auf sie berufen könne. In § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG hat der Gesetzgeber nämlich abschließend die Voraussetzungen bestimmt, unter denen die Kosten einer doppelten Haushaltsführung abzugsfähig sind. Der BFH hat ferner im Urteil vom 05.10.1994 die Anwendbarkeit dieser Vorschrift auch auf Ledige ausgedehnt. Damit haben Rechtsprechung und Gesetzgebung den Bestimmungen in R 43 Abs. 5 LStR im Laufe der Jahre die Rechtsgrundlage entzogen.
Demgegenüber ließ das Finanzgericht die Kosten für die Fahrten zwischen Heimatwohnung und Wohnung am Studienort zum Abzug zu - der Höhe nach wie bei Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte gem. § 9 Abs. 1 Nr. 4 EStG. Die Voraussetzung, dass der Lebensmittelpunkt des Studenten noch am elterlichen Wohnort liege, war im Streitfall gegeben. Von den Werbungskosten abzuziehen sind die anteiligen BAFöG-Bezüge, soweit sie ausbildungsbedingt und nicht für die Kosten der Lebenshaltung gewährt werden. Das Finanzgericht hat diesen Anteil auf 60 EUR geschätzt.
Hinweis
Die Entscheidung ist in Bezug auf die Anerkennung der Studienkosten als Werbungskosten seit der Gesetzesänderung ab dem Veranlagungszeitraum 2004 nur noch insoweit relevant, als der grundsätzliche Abzug von Kostenpositionen - nunmehr im Rahmen des begrenzten Sonderausgabenabzugs - betroffen ist. Die Anerkennung der Kosten für ein Erststudium als Werbungskosten ist bekanntlich seit 2004 gesetzlich ausgeschlossen. Von Interesse ist daher einmal der teilweise Abzug von bezogenen Ausbildungshilfen, was sich auch im Rahmen des Sonderausgabenabzugs durchsetzen könnte, und andererseits die Ausführungen des Gerichts zur unechten doppelten Haushaltsführung. Gegen das Urteil hat das Finanzgericht die Revision zugelassen, so dass der BFH letztendlich über die Frage entscheiden kann (Az. beim BFH: VI R 26/05). Die Argumente des Finanzgerichts, dass die ursprüngliche Intention des Richtliniengebers durch Konkretisierungen in Gesetz und Rechtsprechung hierzu überholt wurden, sind tragfähig. Zu erwarten ist daher, dass der BFH das Urteil des Finanzgerichts bestätigt.
Link zur Entscheidung
FG Baden-Württemberg, Urteil vom 18.02.2005, 9 K 211/04