Leitsatz
Aufwendungen eines Freiberuflers für eine sog. unechte doppelte Haushaltsführung sind jedenfalls gem. § 52 Abs. 12 EStG i.d.F. des StÄndG 2003 – unter den dort genannten Voraussetzungen auch für Jahre vor 2003 – nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig.
Normenkette
§ 4 Abs. 4 EStG , § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6a EStG , § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG , § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG
Sachverhalt
Eine angehende Journalistin hatte schon während ihres Studiums als freie Mitarbeiterin bei einer Rundfunkanstalt gearbeitet, die ihren Sitz am Studienort hatte. Außerdem hatte die Journalistin noch eine Wohnung bei ihrer Mutter an einem anderen Ort. Nach Abschluss des Studiums blieb die Journalistin als freie Mitarbeiterin bei dem Sender tätig. Dabei wurden ihr jeweils einzelne Aufgaben zugewiesen und honoriert.
Die Miete für die Wohnung am Sitz des Senders machte die Journalistin im Jahr nach ihrem Studienabschluss vergeblich als Betriebsausgaben geltend.
Entscheidung
Nachdem das FG bereits die Klage abgewiesen hatte, hielt der BFH auch die Revision der Journalistin für unbegründet. Weder liege mangels zweiten Hausstands eine echte doppelte Haushaltsführung vor noch könnten Wohnungskosten nach den Grundsätzen der sog. unechten doppelten Haushaltsführung als Betriebsausgaben abgezogen werden.
Hinweis
1. Der BFH hatte seit 1991 Kosten für eine sog. unechte doppelte Haushaltsführung anerkannt. Gemeint waren damit Fälle, in denen ein Auszubildender noch eine Wohnung bei seinen Eltern hat, aber für die Dauer der Ausbildung eine Wohnung am Ausbildungsort anmietet. Die Kosten jener Wohnung wurden als Werbungskosten anerkannt, wenn anzunehmen war, dass der Auszubildende nach Abschluss der Ausbildung wieder an seinen Heimatort zurückkehren würde. Die Finanzverwaltung hatte diese Rechtsprechung in R 43 Abs. 3 LStR akzeptiert und in R 23 Satz 3 EStR auf vergleichbare Steuerpflichtige mit Gewinneinkünften ausgedehnt.
2. Auf diese Handhabung hatte sich die freie Journalistin im Besprechungsfall bezogen. Ihr war vom FG aber entgegengehalten worden, Voraussetzung für eine unechte doppelte Haushaltsführung sei, dass die auswärtige Beschäftigung auf ?öchstens drei Jahre befristet sei. Daran fehle es, weil nur Einzelaufträge erteilt worden seien.
Der BFH ging auf diese Frage nicht ein, sondern hielt die Voraussetzungen deshalb nicht für gegeben, weil eine Rückkehrabsicht nicht behauptet worden sei und sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen bereits am Arbeitsort befunden habe.
3. Dies allerdings war nur eine zweite Begründung des BFH für die Zurückweisung der Revision. In erster Linie entschied er nämlich über den Einzelfall hinaus, dass die Grundsätze der unechten doppelten Haushaltsführung insgesamt durch das StÄndG 2003 abgeschafft worden seien. In § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG heiße es nämlich seither, dass eine doppelte Haushaltsführung "nur" vorliege, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Orts seines eigenen Hausstands beschäftigt sei und dort wohne. Die Grundsätze der unechten doppelten Haushaltsführung könnten danach nicht mehr beibehalten werden.
4. Beachten Sie, dass der Wegfall der unechten doppelten Haushaltsführung nach Auffassung des BFH nicht erst ab 2004 gilt, sondern in allen noch offenen Fällen früherer VZ zu berücksichtigen ist. So verhielt es sich auch im Besprechungsfall, der das Streitjahr 1998 betraf.
Die Entscheidung betrifft Einkünfte aus selbstständiger Arbeit, gilt insoweit aber unmittelbar auch für alle anderen Gewinneinkünfte. Auf Überschusseinkünfte, insbesondere Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit, kann die Entscheidung nicht direkt übertragen werden. Denn die für die Rückwirkung maßgebliche Norm (§ 52 Abs. 12 Satz 4 EStG) erwähnt ausdrücklich nur betrieblich veranlasste doppelte Haushaltsführungen.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 16.12.2004, IV R 8/04