Dipl.-Finanzwirt Arthur Röck
Zusammenfassung
Auch unentgeltlich erbrachte "sonstige Leistungen" des Unternehmers können der Umsatzsteuer unterliegen, sofern sie als eine einer sonstigen Leistung gegen Entgelt gleichgestellte Wertabgabe zu behandeln sind. Dies gilt insbesondere für die nichtunternehmerische "private" Nutzung von Unternehmensgegenständen (z. B. von Fahrzeugen und Gebäuden) durch den Unternehmer bzw. sein Personal und bei anderen dem Privatbedarf des Unternehmers oder seines Personals dienenden sonstigen Leistungen.
1 Allgemeines
Die Wertabgabenbesteuerung ist ein Ergänzungstatbestand zum Leistungsaustausch. Durch die Besteuerung der Wertabgabe soll ein erfolgter Vorsteuerabzug "rückgängig" gemacht bzw. ein evtl. im Unternehmen geschaffener Mehrwert versteuert werden. Letztlich soll der Unternehmer wie ein privater Endverbraucher behandelt werden, der für seine Aufwendungen auch mit Umsatzsteuer belastet wird.
Folgende einer sonstigen Leistung gegen Entgelt gleichgestellte Wertabgaben werden besteuert:
Art |
Fundstelle im UStG |
Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands (z. B. Pkw oder Gebäude) für
- außerunternehmerische Zwecke des Unternehmers
- den privaten Bedarf des Personals, soweit keine Aufmerksamkeiten vorliegen und
sofern der Gegenstand bei der Anschaffung zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigte. (vgl. Tz. 2) |
§ 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG |
Unentgeltliche Erbringung einer anderen sonstigen Leistung
- für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen,
- für den privaten Bedarf des Personals, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen.
(vgl. Tz. 3) |
§ 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG |
Eine Wertabgabe zu unternehmensfremden Zwecken kann auch erfolgen,
- wenn die versorgten Personen oder Einrichtungen in einem "Naheverhältnis" zum Unternehmer stehen (z. B. durch Verwandtschaft oder durch Freundschaft),
- bei Personengesellschaften und juristischen Personen des privaten Rechts, die ihren Gesellschaftern unentgeltlich Gegenstände für deren private Zwecke zuwenden,
- bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts, wenn aus dem Betrieb gewerblicher Art (Unternehmensvermögen) Leistungen an den hoheitlichen Bereich erbracht werden (z. B. Nutzung des gemeindeeigenen Schwimmbads für den Schulsport) bzw.
- bei Vereinen, die aus dem unternehmerischen Teil (z. B. vereinseigene Gastwirtschaft) ihrem ideellen Teil Gegenstände (z. B. Räume für Vorstandssitzungen) überlassen.
Nichtwirtschaftliche Verwendung
Bei von Gemeinden und Vereinen unternehmerisch und "nichtwirtschaftlich" (hoheitlich bzw. ideell) genutzten Gegenständen (z. B. Pkw, Schwimmbad, Mehrzweckhalle) ist der Vorsteuerabzug nur hinsichtlich der unternehmerischen Nutzung anteilig zulässig; die Wertabgabenbesteuerung entfällt.
Die unentgeltliche Abgabe einer sonstigen Leistung aus unternehmerischen Gründen unterliegt nicht der Wertabgabenbesteuerung (im Gegensatz zur unentgeltlichen unternehmerischen Abgabe von Gegenständen).
Zuwendung aus unternehmerischen Gründen
Automobilhändler A verlost unter allen Kunden im Rahmen einer Werbeaktion 2 Konzertkarten mit einem Einkaufspreis von 300 EUR, die er zu diesem Zweck vorher eingekauft hat.
Die dem Gewinner vom Automobilhändler aus unternehmerischen Gründen zugewendeten Konzertkarten (sonstige Leistung) unterliegen nicht der Umsatzsteuer. Der Vorsteuerabzug ist zulässig.
2 Unternehmerisch und nichtunternehmerisch ("privat") genutzte Gegenstände: Wahlrecht der Zuordnung zum Unternehmen
Die Verwendung eines dem umsatzsteuerlichen Unternehmen (Unternehmensvermögen) zugeordneten Gegenstands (insbesondere Gebäude bzw. Pkw)
- für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder
- für den privaten Bedarf seines Personals, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen,
wird als eine einer sonstigen Leistung gegen Entgelt gleichgestellte Wertabgabe nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG besteuert.
Gegenstand muss dem Unternehmen zugeordnet sein
Die Wertabgabe ist nur dann steuerbar, wenn der Gegenstand dem Unternehmensvermögen zugeordnet war und ggf. zu mindestens 10 % unternehmerisch genutzt wird. Bei auch privat genutzten Fahrzeugen und Computern ist die Zuordnung zum Unternehmensvermögen bereits bei der Geltendmachung des Vorsteuerabzugs zu klären. Der Unternehmer hat insoweit ein freies Zuordnungswahlrecht. Die Zuordnung zum Unternehmen ist ggf. zeitnah und spätestens bis zum 31.7. des Folgejahres (gesetzliche Abgabefrist für Steuererklärungen) des Leistungsbezugs dem Finanzamt mitzuteilen. Die Zuordnungsfrist wird als Ausschlussfrist angesehen. Eine Verlängerung der Abgabefrist für die Umsatzsteuerjahreserklärung ist für die Zuordnungsfrist unbeachtlich.
Dokumentation der Zuordnung zum Unternehmen: Rechtsprechung
An der o. g. "starren" Zuordnungsfrist hat der EuGH Zweifel angemeldet.