Dipl.-Finanzwirt Werner Becker
2.1.1 Ortsübliche Miete beträgt weniger als 50 %
In § 21 Abs. 2 Satz 1 EStG wird bestimmt, dass die Nutzungsüberlassung in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen ist, wenn das Entgelt für die Überlassung einer Wohnung weniger als 50 % der ortsüblichen Miete beträgt. Die wegen verbilligter Vermietung vorzunehmende Aufteilung der Nutzungsüberlassung in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil gilt auch für vorab entstandene Werbungskosten (Erhaltungsaufwendungen).
Die Aufteilung ist nicht nur bei der Überlassung an Angehörige, sondern auch bei der Vermietung an Dritte vorzunehmen. Das gilt selbst, wenn der Steuerpflichtige aus vertraglichen oder tatsächlichen Gründen gehindert ist, das vereinbarte Entgelt zu erhöhen.
Voller Werbungskostenabzug durch Mieterhöhung
Um die steuerliche Abzugsfähigkeit der Werbungskosten bei einem vereinbarten Mietzins von weniger als 50 % in vollem Umfang zu erhalten, empfiehlt es sich, die Miete unter Beachtung des § 558 BGB entsprechend zu erhöhen. Auch eine zwischen nahen Angehörigen vereinbarte Mietererhöhung, die über die Kappungsgrenze des § 558 Abs. 3 BGB hinausgeht und tatsächlich vollzogen wird, ist allein kein Umstand, der zu einem Ausschluss der steuerlichen Anerkennung des Mietverhältnisses führt. Bei einer klar und eindeutig vereinbarten und so durchgeführten Mieterhöhung, z. B. von weniger als 50 % auf mindestens 66 % der ortsüblichen Miete, ist das Mietverhältnis, sofern es im Übrigen dem zwischen Fremden Üblichen entspricht (sog. Fremdvergleich), zwar zivilrechtlich unwirksam, aber steuerlich anzuerkennen.
2.1.2 Ortsübliche Miete beträgt mindestens 50 %, aber weniger als 66 %
Beträgt das Entgelt 50 % und mehr, jedoch weniger als 66 % der ortsüblichen Miete, ist eine Totalüberschussprognose vorzunehmen. Fällt diese Prüfung positiv aus, ist für die verbilligte Wohnraumüberlassung Einkünfteerzielungsabsicht zu unterstellen und der volle Werbungskostenabzug möglich.
Führt die Totalüberschussprognose hingegen zu einem negativen Ergebnis, ist von einer Einkünfteerzielungsabsicht nur für den entgeltlich vermieteten Teil auszugehen. Für den entgeltlich vermieteten Teil können die Werbungskosten wie bei der Typisierungsregel des § 21 Abs. 2 Satz 1 EStG anteilig abgezogen werden.
Die Vollentgeltlichkeitsgrenze, d. h. die Regelung, bei der die Einkünfteerzielungsabsicht von Gesetzes wegen vermutet wird und nicht überprüft werden muss, bleibt bei einem vereinbarten Mietzins von mindestens 66 % der ortsüblichen Miete – wie vor Inkrafttreten der (übrigen) gesetzlichen Änderungen durch das Jahressteuergesetz 2020 (JStG 2020) – in unveränderter Höhe bestehen. Wird demzufolge eine Wohnung langfristig vermietet und beträgt die vereinbarte Miete mindestens 66 % der ortsüblichen Miete, ist keine Kürzung der Werbungskosten vorzunehmen. Trotz einer teilentgeltlichen Überlassung wird die Einkunftserzielungsabsicht steuerlich (weiterhin) noch typisierend unterstellt. Im Ergebnis wird diese teilentgeltliche Überlassung wie ein voll entgeltliches Rechtsgeschäft behandelt.
Mietverbilligung grundsätzlich mit Mietspiegel oder Gutachten nachweisen
Will das Finanzamt von einer Miete unter 66 % der ortsüblichen Miete ausgehen und eine Werbungskostenkürzung vornehmen, muss es die Ermäßigung des Mietzinses regelmäßig anhand der örtlichen Mietspiegel oder aufgrund von Gutachten nachweisen.
Vermietung an Unterhaltsberechtigte
Die Vermietung einer Wohnung zu einer ermäßigten Miete erweist sich insbesondere an Unterhaltsberechtigte als steuerlich vorteilhaft. Mietverhältnisse mit studierende...