Leitsatz
Bei der Ermittlung der nicht abziehbaren Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a Satz 4 EStG i.d.F. des StBereinG 1999 sind – jedenfalls für die dem Veranlagungszeitraum 1999 zugrunde liegenden Wirtschaftsjahre 1998/99 und 1999/2000 – auch Unterentnahmen aus Wirtschaftsjahren, die vor dem 1.1.1999 geendet haben, zu berücksichtigen (Anschluss an BFH-Urteil vom 21.9.2005, X R 47/03, BStBl II 2006, 504; gegen BMF, Schreiben vom 22.5.2000, IV C 2 – S 2144 – 60/00, BStBl I 2000, 588 Tz. 36).
Normenkette
§ 4 Abs. 4a Satz 4, § 52 Abs. 11 Satz 1 EStG
Sachverhalt
Ein bilanzierender Landwirt überführte im Wirtschaftsjahr 1998/99 seine Betriebsleiterwohnung in das Privatvermögen. Diese Entnahme war nach dem damaligen § 52 Abs. 15 EStG steuerfrei. Bei der ESt-Veranlagung für 1999 rechnete das FA dem Gewinn gem. § 4 Abs. 4a EStG Schuldzinsen von 3.900 DM hinzu.
Zu einer Überentnahme kam das FA, weil es einerseits das positive Kapitalkonto des Klägers zu Beginn des Wirtschaftsjahrs 1998/99 nicht berücksichtigte und andererseits die Überführung der Wohnung in das Privatvermögen als Entnahme i.S.d. § 4 Abs. 4a EStG behandelte.
Das FG gab der Klage mit der Begründung statt, die steuerfrei Überführung der Wohnung sei nicht als Entnahme i.S.d. § 4 Abs. 4a EStG zu berücksichtigen.
Entscheidung
Der BFH bestätigte das FG-Urteil im Ergebnis. Er stützte sich für seine Entscheidung aber darauf, dass eine Überentnahme schon deshalb nicht vorliege, weil in Höhe des positiven Kapitalkontos zu Beginn des Wirtschaftsjahrs 1998/99 ein Unterentnahmevortrag bestanden habe, der durch die vom FA ermittelten Überentnahmen des Wirtschaftsjahrs 1998/99 bei weitem nicht ausgeschöpft gewesen sei.
Hinweis
1. Die Entscheidung enthält in ihren bindenden Aussagen keine Neuigkeiten. Denn seitdem sich die Finanzverwaltung mit BMF-Schreiben vom 12.6.2006 (BStBl I 2006, 416) entschlossen hat, das BFH-Urteil vom 21.9.2005, X R 47/03 (BStBl II 2006, 504) anzuwenden, gibt es keinen Streit mehr darüber, dass als "Startguthaben" für die Zinshinzurechnung nach § 4 Abs. 4a EStG ein positives Kapitalkonto am Ende des vor dem 1.1.1999 endenden Wirtschaftsjahrs zu berücksichtigen ist. Ein negatives Kapitalkonto bleibt hingegen unberücksichtigt; es wird stattdessen mit einem Vortrag von 0 DM begonnen.
2. Eine neue – allerdings mangels Entscheidungserheblichkeit nicht bindende – Aussage enthält das Urteil jedoch insoweit, als der BFH ausdrücklich der vom FG vertretenen Meinung zustimmt, dass die steuerfreie Überführung der Betriebsleiterwohnung des Landwirts in das Privatvermögen nicht als Entnahme i.S.d. § 4 Abs. 4a EStG zu behandeln ist. Bekanntlich hatte der Gesetzgeber den Übergang zur "Konsumgutlösung" für eigen genutzte Wohnungen in § 52 Abs. 15 EStG 1998 steuerfrei ausgestaltet.
Es handelt sich deshalb um eine atypische Entnahme, die mit den von § 4 Abs. 4a EStG gemeinten Entnahmen nichts zu tun hat.
In diesem Punkt hat die Entscheidung noch aktuelle Bedeutung. Denn auch heute noch kann es zu steuerfreien Überführungen von Grundstücksteilen kommen, wenn diese mit Wohnungen für den Betriebsleiter oder einen Altenteiler bebaut werden (§ 13 Abs. 5, § 15 Abs. 1 Satz 3, § 18 Abs. 4 Satz 1 EStG).
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 1.6.2006, IV R 48/03