Leitsatz
Sonstige Einkünfte sind nach § 22 Nr. 1a EStG Einkünfte aus Unterhaltsleistungen, soweit sie nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG vom Geber abgezogen werden können. Insoweit ist eine tatsächliche steuermindernde Auswirkung beim Geber erforderlich. Andernfalls unterbleibt der steuerpflichtige Ansatz beim Unterhaltsempfänger.
Normenkette
§ 22 Nr. 1 Buchst. a, § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG 2002
Sachverhalt
Die Klägerin erhielt von ihrem Ehemann Ehegattenunterhalt. Sie hatte dem Realsplitting mit der Anlage U für das Streitjahr zugestimmt.
Der Ehemann machte die Unterhaltsleistungen im Rahmen seiner ESt-Erklärung für das Streitjahr als Sonderausgaben geltend. Die Sonderausgaben wirkten sich aber bei der Besteuerung nicht aus. Die ESt des Ehegatten betrug allein aufgrund der zu berücksichtigenden Einkünfte 0 €.
Die Sonderausgaben wirkten sich auch nicht auf den verbleibenden Verlustabzug aus.
Das FA veranlagte die Ehefrau unter Berücksichtigung der vom Ehemann erhaltenen Unterhaltsleistungen. Nach erfolglosem Einspruch macht die Klägerin geltend, das Korrespondenzprinzip zwischen den Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG und den sonstigen Einkünften nach § 22 Nr. 1a EStG lasse eine Berücksichtigung der Unterhaltszahlungen beim Unterhaltsempfänger als Einkünfte nur zu, wenn die Zahlungen sich beim Unterhaltsleistenden steuermindernd als Sonderausgaben ausgewirkt hätten.
Demnach sei der Ansatz der Unterhaltszahlungen als sonstige Einkünfte wieder rückgängig zu machen.
Entscheidung
Das FG hat der Klage stattgegeben.
Nach Auffassung des Senats kann unter Beachtung des Korrespondenzprinzips und der Gesetzesgeschichte das Tatbestandsmerkmal des § 22 Nr. 1a EStG „abgezogen werden können” dahingehend ausgelegt werden, dass sich aus der Berücksichtigung der Unterhaltsaufwendungen eine Steuerminderung beim Geber ergeben muss.
Hinweis
1. Der besondere Sinn und Zweck des sog. Realsplittings besteht darin, dass eine Verteilung des Einkommens stattfindet. Der Teil des Einkommens, der zum Unterhalt des geschiedenen Ehegatten verwendet wird, wird dem anderen Ehegatten zugerechnet; es besteht eine unmittelbare Beziehung zwischen Steuerentlastung beim Verpflichteten und Steuerbelastung beim Empfänger.
2. Fehlt es beim Geber an einem Abzugstatbestand zulasten des inländischen Steueraufkommens, so besteht auch kein Grund für eine korrespondierende Erfassung der Bezüge beim Empfänger (so auch der BFH vom 31.03.2004, X R 18/03, BFH-PR 2004, 384 bei Unterhaltsleistungen, die ein unbeschränkt Steuerpflichtiger von seinem nicht unbeschränkt steuerpflichtigen geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Ehegatten erhält).
3. Unter Beachtung des Korrespondenzprinzips und der Gesetzesgeschichte geht der Senat davon aus, dass das Tatbestandsmerkmal des § 22 Nr. 1a EStG „abgezogen werden können” dahingehend auszulegen ist, dass sich aus der Berücksichtigung der Unterhaltsaufwendungen eine Steuerminderung beim Geber ergeben muss.
4. Es ist fraglich, ob der BFH der Auffassung des FG Köln folgen wird. Im Besprechungsfall wirkte sich der Sonderausgabenabzug steuerlich überhaupt nicht aus.
Wie aber soll in Kenntnis dieser Entscheidung in Fällen verfahren werden, bei denen
- sich nur ein Teil der Unterhaltszahlungen steuerlich auswirkt bzw.
- durch Änderungsbescheide es zwischen keiner, einer teilweisen und vollen steuerlichen Auswirkung wechseln kann?
Diese Aspekte sollte der BFH bei seiner Entscheidung über die Revision mit berücksichtigen.
Link zur Entscheidung
FG Köln, Urteil vom 07.11.2007, 14 K 4225/06 -- Rev. X R 49/07