Der BFH[1] hat entschieden, dass eine Realteilung i. S. d. § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG auch dann vorliegt, wenn ein Mitunternehmer gegen Sachwertabfindung ins Betriebsvermögen aus der Mitunternehmerschaft ausscheidet und diese mit den übrigen Mitunternehmern fortgesetzt wird. Keine Rolle spielt, ob der ausscheidende Mitunternehmer einen Teilbetrieb oder lediglich Einzelwirtschaftsgüter erhält. § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG verdrängt nach Auffassung des BFH als speziellere Regelung die Vorschrift des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG.

 
Praxis-Beispiel

Sachwertabfindung ins Betriebsvermögen

Erblasser V hinterlässt ein gewerbliches Einzelunternehmen mit einem gemeinen Wert von 400.000 EUR (Buchwert: 240.000 EUR). S und seine Schwester T sind Miterben zu je ½. Das Kapitalkonto jedes Miterben beläuft sich somit auf ½ von 240.000 Euro = 120.000 Euro.

S und T setzen sich dahin auseinander, dass T aus der Erbengemeinschaft ausscheidet und S den Betrieb allein übernimmt. T erhält als Abfindung die zum gewillkürten Betriebsvermögen gehörende Immobilie mit einem Verkehrswert von 200.000 EUR (Buchwert: 140.000 EUR).

 
Aktiva Bilanz vor Ausscheiden der T Passiva
  Buchwert gemeiner Wert   Buchwert gemeiner Wert
Immobilie 140.000 EUR 200.000 EUR Kapital S 120.000 EUR 200.000 EUR
sonstige Aktiva 100.000 EUR 200.000 EUR Kapital T 120.000 EUR 200.000 EUR
  240.000 EUR 400.000 EUR   240.000 EUR 400.000 EUR

T überführt das Grundstück in das Betriebsvermögen ihres gewerblichen Einzelunternehmens.

Der BFH[2] hat wie erwähnt abweichend von der früheren Verwaltungsauffassung entschieden, dass eine Realteilung i. S. d. § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG auch dann vorliegt, wenn ein Mitunternehmer gegen Sachwertabfindung ins Betriebsvermögen aus der Mitunternehmerschaft ausscheidet und diese mit den übrigen fortgesetzt wird. Keine Rolle spielt nach dieser Rechtsprechung, ob der ausscheidende Mitunternehmer einen Teilbetrieb oder – wie hier – lediglich Einzelwirtschaftsgüter erhält. Auch im Fall des Ausscheidens gegen Mitnahme von Einzelwirtschaftsgütern ist nach Auffassung des BFH § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG vorrangig vor § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG anzuwenden. Die Finanzverwaltung[3] akzeptiert diese Rechtsprechung und hat ihr – dieser Beurteilung entgegen stehendes – Schreiben zur Erbauseinandersetzung entsprechend geändert.

Die Anwendung des § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG hat folgende Konsequenzen:

  • Der verbleibende Gesellschafter S muss in der Steuerbilanz sein Kapitalkonto von 120.000 EUR erfolgsneutral den fortzuführenden Buchwerten der zurückbehaltenen Wirtschaftsgüter anpassen, also von 120.000 EUR auf 100.000 EUR abstocken.[4]
  • Die ausscheidende T muss in der Steuerbilanz ihr Schlusskpaitalkonto bei der Erbengemeinschaft von 120.000 EUR dem Buchwert des von ihr übernommenen Grundstücks erfolgsneutral anpassen, also von 120.000 EUR auf 140.000 EUR aufstocken.

Das auf T übergehende Grundstück ist dann mit seinem Buchwert von 140.000 EUR in der Bilanz des Einzelunternehmens der T anzusetzen. Dadurch erhöht sich das Kapitalkonto der T in der Bilanz ihres Einzelunternehmens um diesen Betrag. Es beginnt nach § 16 Abs. 3 Satz 3 EStG eine 3-jährige Sperrfrist, da das Grundstück einzeln und nicht als Teil eines Teilbetriebs oder eines Mitunternehmeranteils übergeht. S muss in seiner „Fortführungsbilanz“ die ihm verbliebenen Wirtschaftsgüter mit ihren Buchwerten von 100.000 EUR fortführen.

Durch diese Behandlung kommt es zwar zu einer Verlagerung der stillen Reserven zwischen den bisherigen Miterben, der Besteuerung gehen jedoch keine stillen Reserven verloren. Zu einer Gewinnrealisierung kommt es zunächst weder bei S noch bei T.

 

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