Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Die Zuordnung von Gegenständen oder bezogenen sonstigen Leistungen zum Unternehmen ist von entscheidender Bedeutung für den Vorsteuerabzug des Unternehmers nach § 15 Abs. 1 UStG. Nur ein Leistungsbezug, der auch dem Unternehmen zugeordnet werden kann, erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für die Vorsteuerabzugsberechtigung. Aber auch für evtl. Ausgangsleistungen ist die Zuordnung von Leistungsbezügen zum Unternehmen von entscheidender Bedeutung: Nur eine Leistung, die dem Unternehmen zugeordnet worden war, kann im Rahmen einer steuerbaren Ausgangsleistung wieder aus dem Unternehmen herausgehen.
Über die Zuordnung des Wirtschaftsguts oder der sonstigen Leistung zu dem Unternehmen ist sofort bei Leistungsbezug zu entscheiden. Abgesehen von den Fällen, in denen eine bezogene Leistung nicht dem Unternehmen zugeordnet werden darf oder zwingend dem Unternehmen zugeordnet werden muss, ist die Zuordnungsentscheidung später nicht rückgängig zu machen, sie ist dann lediglich durch Einlage in das Unternehmen oder durch Entnahme aus dem Unternehmen zu korrigieren.
Ein Zuordnungswahlrecht für bezogene Leistungen kann sich für einen Unternehmer nur dann ergeben, wenn die Leistungen sowohl für unternehmerische als auch für private (unternehmensfremde) Zwecke verwendet werden sollen. Der Unternehmer kann in diesem Fall die Leistung seinem Unternehmen ganz, gar nicht oder teilweise zuordnen. Regelmäßig wird sich diese Zuordnungsentscheidung aus der Höhe des vom Unternehmer vorgenommenen Vorsteuerabzugs ergeben. In den Fällen, in denen sich die Zuordnungsentscheidung nicht aus der Höhe des Vorsteuerabzugs ergeben kann (weil z. B. der Vorsteuerabzug bei gemischt genutzten Gebäuden nach § 15 Abs. 1b UStG ausgeschlossen ist), muss sich die Zuordnung aus anderen Beweisanzeichen ergeben. Die Zuordnungsentscheidung ist dabei gegenüber dem zuständigen Finanzamt nach der Rechtsprechung des BFH sowie der von der Finanzverwaltung vertretenen Auffassung bis spätestens zum Ende der regelmäßigen gesetzlichen Abgabefrist von Jahreserklärungen (derzeit 31.7. des auf den Leistungsbezug folgenden Kalenderjahrs, soweit die gesetzliche Abgabefrist nicht pandemiebedingt durch eine gesetzliche Regelung herausgeschoben wurde) zu dokumentieren.
Aufgrund der Rechtsprechung des EuGH war aber fraglich, ob diese strenge Zuordnungsfrist unionsrechtlich haltbar ist. Deshalb hatte der BFH den EuGH angerufen, um diese Frage klären zu lassen. Der EuGH hat die vorgelegten Fragen aber weitgehend unbeantwortet gelassen und dem BFH zur weiteren Entscheidung zurückverwiesen. Dabei muss der BFH den Grundsatz der Rechtsicherheit (dieser würde für eine Zuordnungsfrist sprechen) gegen die herausragende Bedeutung abwägen, die der Vorsteuerabzug für das gemeinsame Umsatzsteuerrecht hat (dies würde zumindest gegen eine zu enge Frist sprechen).
Derzeit müssen Streitfälle offen gehalten werden
Bis die Entscheidung des BFH vorliegt und ggf. die Finanzverwaltung darauf reagiert, müssen alle streitigen Fälle, in denen die Finanzverwaltung den Vorsteuerabzug aufgrund einer nicht fristgerechten Zuordnung zum Unternehmen verwehrt, offen gehalten werden. Bei neuen Sachverhalten sollte die Zuordnungsfrist sicherheitshalber eingehalten werden.