Leitsatz
Ein geschäftsführender Komplementär einer KG kann umsatzsteuerrechtlich unselbstständig sein (entgegen Abschn. 17 Abs. 2 S. 3 UStR 2005/2008 und BMF-Schreiben vom 23.12.2003, IV B 7 – S 7100 – 246/03, BStBl I 2004, 240, unter A.1.).
Normenkette
§ 2 Abs. 1 S. 1 und 3, § 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG 1999, 4 Abs. 1, Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 1 der 6. EG-RL
Sachverhalt
Der Kläger war einer von 4 Komplementären ohne Kapitaleinlage einer Bank in der Rechtsform einer KG. Kommanditisten waren eine GmbH und eine natürliche Person. Die KG verfügte über einen Verwaltungsrat, der von der Gesellschafterversammlung gewählt wurde.
Der Kläger wurde vom Verwaltungsrat zum geschäftsführenden persönlich haftenden Gesellschafter bestellt. In dem Vertrag mit dem Verwaltungsrat war u.a. geregelt, dass er eine jährliche feste Vergütung und eine vom Verwaltungsrat festzulegende Tantieme erhält und Anspruch auf Arbeitgeberanteile zu bestimmten Versicherungen, auf bezahlten Jahresurlaub und im Fall vorübergehender Berufsunfähigkeit Anspruch auf Lohnfortzahlung für die Dauer von 6 Monaten hat. Die Kündigungsfrist betrug 12 Monate zu jedem Jahresende. Er war verpflichtet, der KG seine ganze Arbeitskraft zu widmen. Am Gewinn und Verlust der KG nahm er nicht teil.
Nach dem Gesellschaftsvertrag konnte der Verwaltungsrat den Kläger nach seinem freien Ermessen jederzeit als Komplementär mit der Folge abberufen, dass er aus der Gesellschaft ausschied und verpflichtet war, seine Tätigkeit als geschäftsführender Gesellschafter unverzüglich einzustellen.
Das FA war der Meinung, der Kläger sei Unternehmer i.S.d. § 2 Abs. 1 UStG und unterwarf seine Tätigkeitsvergütung für das Streitjahr 2004 der USt.
Die Klage hatte Erfolg: Der Kläger sei nicht selbstständig tätig gewesen, da er nach der Vereinbarung mit der KG und deren Gesellschaftsvertrag lediglich im Außenverhältnis als Gesellschafter aufgetreten, im Innenverhältnis aber wie ein Angestellter gegenüber den die KG beherrschenden Kommanditisten gebunden gewesen sei (FG München, Urteil vom 23.04.2009, 14 K 167/07, Haufe-Index 2179096, EFG 2009, 1413).
Entscheidung
Die Revision des FA hatte keinen Erfolg. Der BFH teilte die Auffassung des FG, dass der Kläger im maßgebenden Innenverhältnis wie ein Angestellter gegenüber den die Gesellschaft beherrschenden Kommanditisten gebunden gewesen sei.
Hinweis
1. Die Abgrenzung der selbstständigen von der unselbstständigen Tätigkeit ist ein Dauerproblem im ESt-Recht und USt-Recht. Der Wunsch, im Interesse einer Vereinfachung des Steuerrechts die Abgrenzung in beiden Steuerarten nach denselben Merkmalen durchzuführen, ist verständlich, aber nicht uneingeschränkt zu verwirklichen. Dies gilt insbesondere deshalb, weil besondere gesetzliche Regelungen vorliegen (vgl. z.B. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1, 2. Alternative EStG) oder weil bei der Abgrenzung im USt-Recht die Vorgaben des Unionsrechts zu beachten sind.
2. Eine Vergütung für eine Leistung im Inland ist umsatzsteuerpflichtig, wenn die Leistung von einem Unternehmer erbracht wird (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 UStG). Unternehmer ist nur, wer seine Tätigkeit selbstständig ausübt (§ 2 Abs. 1 S. 1 UStG).
Nach der Negativabgrenzung in § 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG wird eine berufliche Tätigkeit nicht selbstständig ausgeübt, soweit natürliche Personen einem Unternehmen so eingegliedert sind, dass sie den Weisungen des Unternehmers zu folgen verpflichtet sind.
Art. 4 Abs. 4 der 6. EG-RL (nunmehr: Art. 10 MwStSystRL) bestimmt, dass der Begriff "selbstständig" Lohn- und Gehaltsempfänger und sonstige Personen von der Besteuerung ausschließt, soweit sie an ihren Arbeitgeber durch einen Arbeitsvertrag oder ein sonstiges Rechtsverhältnis gebunden sind, das hinsichtlich der Arbeitsbedingungen und des Arbeitsentgelts sowie der Verantwortlichkeit des Arbeitgebers ein Verhältnis der Unterordnung schafft.
3. Die Tätigkeitsvergütung eines Komplementärs ist nach den in der Rechtsprechung zum ESt-Recht herausgearbeiteten Merkmalen als Gewinn i.S.d. § 15 EStG und nicht als Arbeitslohn zu qualifizieren. Der vom BFH betonte Umstand, dass ein Steuerpflichtiger deshalb ein Mitunternehmerrisiko trägt, weil seine Haftung (§§ 161 Abs. 2, 128 HGB) im Außenverhältnis nicht ausgeschlossen werden kann (vgl. BFH, Urteil vom 09.02.1999, VIII R 43/99, BFH/NV 1999, 1196, unter 1.b. der Gründe), kann jedoch für die USt nicht maßgebend sein.
In der USt ist vielmehr auf das Innenverhältnis zwischen Leistungserbringer und Leistungsempfänger abzustellen. Denn ob eine natürliche Person in ein Unternehmen so eingegliedert ist, dass sie Weisungen zu folgen hat (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG), oder ob sie zu dem Leistungsempfänger in einem Verhältnis der Unterordnung steht, richtet sich nach den zwischen Leistungserbringer und Leistungsempfänger geltenden Bestimmungen vertraglicher oder gesetzlicher Art.
4. Eine natürliche Person kann auch dann in ein Unternehmen so eingegliedert sein, dass sie den Weisungen des Unternehmers folgen muss, wenn sich ein ausdrückliches Weisungsrecht weder aus d...