Leitsatz
Verzichtet ein Gesellschafter aus im Gesellschaftsverhältnis liegenden Gründen auf eine Darlehensforderung gegen seine Gesellschaft, so führt dies bei der Gesellschaft auch dann zu einer Einlage in Höhe des Teilwerts der Forderung, wenn das Darlehen vor dem Verzicht kapitalersetzenden Charakter hatte (BStBl II 1998, 307).
Normenkette
§ 17 Abs. 1, 2 und 4 EStG
Sachverhalt
Die Klägerin ist eine GmbH. Sie hatte Verluste erlitten und wies bilanziell einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag aus. Sicherheiten gaben Gesellschafterdarlehen und -bürgschaften. Als die Klägerin später überschuldete, leistete die Gesellschafterin einen Kapitaleinschuss in Gestalt von entsprechenden Forderungsverzichten gegenüber der Klägerin.
Das FA nahm deswegen einen außerordentlichen Ertrag infolge dieses Verzichts an. Die Klägerin war der Meinung, der Ertrag werde durch die Nennwerte der Darlehen, auf die verzichtet worden sei, ausgeglichen.
Entscheidung
Das FG hat die Klage abgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Gegen Letzteres richtet sich die Beschwerde der Klägerin. Sie blieb erfolglos. Der BFH sah die von der Klägerin aufgeworfene Rechtsfrage nicht als rechtsgrundsätzlich bedeutsam i.S.v. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO an. Wegen dieser Rechtsfrage und der Antwort des BFH sei auf die Praxis-Hinweise verwiesen.
Hinweis
Es muss nur kurz repliziert werden, was der Große Senat des BFH zur verdeckten Einlage mittels eines Forderungsverzichts judiziert hat: Der Erlass der Gesellschafterforderung gegenüber der Gesellschaft führt aus Sicht der Gesellschaft zum Erlöschen der Verbindlichkeit und damit zu einer Gewinnerhöhung. Diese Erhöhung wird zwar außerhalb der Bilanz neutralisiert, soweit es sich um eine Einlage handelt. Letzteres ist jedoch nur in Höhe des Teilwerts der Forderung im Verzichtszeitpunkt der Fall. Soweit die Forderung zu diesem Zeitpunkt nicht mehr werthaltig war, entfällt die besagte Neutralisierung und es bleibt bei der Gewinnerhöhung.
Beim Gesellschafter ergibt sich daraus ein entsprechender Zufluss. Handelt es sich bei der Forderung, auf die verzichtet wird, um eine eigenkapitalersetzende, dann erhöhen sich nach der ständigen Rechtsprechung des VIII. Senats des BFH in entsprechendem Umfang des Forderungsnennkapitals zugleich die Anschaffungskosten auf die Beteiligung im Rahmen des § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG.
Im Schrifttum gab es nun jüngst die eine oder die andere Stimme, die aus dieser Rechtsprechung zu § 17 EStG steuerlichen Nektar nicht nur für den Gesellschafter, sondern auch für die Gesellschaft saugen wollte: Der Forderungsverzicht führe bei kapitalersetzenden Maßnahmen zur Rückgängigmachung der gesamten Gewinnerhöhung bei der Gesellschaft, also in Höhe des Nennbetrags. Derartige Überlegungen sind bei Licht betrachtet natürlich nicht tragfähig. Denn für die Gesellschaft bleibt auch das eigenkapitalersetzende Darlehen grundsätzlich Fremdkapital.
Die Einschätzungen des VIII. Senats ändern daran nichts. Sie betreffen allein den Gesellschafter und sind dort – und zwar ausschließlich – zu § 17 EStG ergangen. Hier gilt nach der Rechtsprechung indes ein normspezifischer Anschaffungskostenbegriff, der es dem wesentlich beteiligten Gesellschafter ermöglichen soll, Verluste eines eigenkapitalersetzenden Darlehens steuermindernd geltend machen zu können. Das eigenkapitalersetzende Darlehen wird dadurch aber nicht zur Einlage.
Beachten Sie: Eine Ausnahme könnte sich ergeben, wenn der kreditgebende Gesellschafter eine Rückzahlung des Darlehens nur unter denselben Umständen wie eine Einlagenrückzahlung verlangen kann. Das setzt indes von vornherein entsprechende Vereinbarungen voraus (vgl. BGH-Urteile vom 21.3.1988, II ZR 238/87, BGHZ 104, 33, 40; vom 8.1.2001, II ZR 88/99, DStR 2001, 175).
Link zur Entscheidung
BFH, Beschluss vom 16.5.2001, I B 143/00