Leitsatz
1. Im Rahmen der USt-Befreiung von Leistungen an NATO-Truppenangehörige nach Art. 67 Abs. 3 NATOTrStatZAbk gilt der im sog. vereinfachten Beschaffungsverfahren für einen Beschaffungsauftrag der amtlichen Beschaffungsstelle zu verwendende Vordruck nicht nur für die Beschaffung einer Leistung, sondern auch für mehrere, zeitlich aufeinander folgende Leistungen.
2. Voraussetzung der USt-Befreiung gem. Art. 67 Abs. 3 NATOTrStatZAbk einer im vereinfachten Beschaffungsverfahren bezogenen Leistung ist nicht, dass diese Leistung unbar bezahlt wird (Abgrenzung zum BFH-Urteil vom 21.03.1974, V R 144/69, Haufe-Index 70891, BStBl II 1974, 437).
Normenkette
Art. 67 Abs. 3 NATOTrStatZAbk, § 26 Abs. 5 Nr. 2 UStG 1999, § 73 Abs. 1 Nr. 1 UStDV 1999
Sachverhalt
Die Klägerin betrieb in den Streitjahren 2001 bis 2004 ein Friseurgeschäft. Zu ihren Kunden gehörten Mitlieder der in Deutschland stationierten amerikanischen NATO-Truppen. Die Klägerin behandelte die Umsätze mit diesen Kunden als steuerfrei gem. Art. 67 Abs. 3 NATOTrStatZAbk.
Die Abwicklung dieser Umsätze sah wie folgt aus: Der jeweilige Kunde legte der Klägerin bei seinem ersten Besuch einen sog. Beschaffungsauftrag nebst Abwicklungsschein vor. Der Beschaffungsauftrag enthielt neben dem Namen des jeweiligen Kunden u.a. ein Ablaufdatum. Er enthielt außerdem eine – von dem jeweiligen Kunden ausgefüllte – Rubrik "Beschreibung der Waren/Dienstleistungen".
Die Klägerin richtete für den jeweiligen Kunden ein Konto ein, auf dem der Ablauf der Gültigkeitsdauer des jeweiligen Beschaffungsauftrags und die einzelnen Leistungen, die während dieser Zeit ausgeführt wurden, und der jeweilige Rechnungsbetrag gespeichert wurden. Zur Abrechnung erstellte sie einen Ausdruck des Kundenkontos mit sämtlichen Leistungen; sie trug den Gesamtbetrag auf dem Beschaffungsauftrag ein und versah ihn mit Datum und Unterschrift.
Das FA behandelte nur die bei dem ersten Besuch ausgeführten Leistungen als steuerfrei: Es müsse für jeden Friseurbesuch ein eigener Beschaffungsauftrag vorliegen (BMF-Schreiben vom 22.12.2004, BStBl I 2004, 1200 Rz. 60,61).
Das FG entschied, die Steuerbefreiung setze nicht voraus, dass für jeden einzelnen Friseurbesuch ein eigener Beschaffungsauftrag vorliegen müsse. Es war aber – anders als die Klägerin und das FA – der Meinung, dass die Steuerfreiheit nicht bei Barzahlungen zu gewähren sei, und gab der Klage deshalb nur teilweise statt (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 04.12.2008, 6 K 1923/06, Haufe-Index 2175536, EFG 2009, 1350). Beide Beteiligten legten Revision ein.
Entscheidung
Die Revision des FA hatte keinen Erfolg, die Revision der Klägerin führte zur vollen Stattgabe der Klage.
Der BFH teile die Ansicht des FG, dass die Klägerin ihre im Rahmen des sog. "vereinfachten Beschaffungsverfahrens" erbrachten Leistungen auch insoweit im Auftrag der Beschaffungsstelle erbracht habe, als es sich dabei um den zweiten oder weitere Friseurbesuche gehandelt habe. Die Steuerbefreiung sei entgegen der Auffassung der FG auch bei Barzahlung zu gewähren. Die Gründe ergeben sich aus den Praxis-Hinweisen.
Hinweis
1. Nach Art. 67 Abs. 3 Buchst. a NATOTrStatZabk sind Lieferungen und sonstige Leistungen an eine Truppe oder ein ziviles Gefolge, die von einer amtlichen Beschaffungsstelle in Auftrag gegeben worden sind, unter bestimmten weiteren Voraussetzungen von der Umsatzsteuer befreit.
Das Vorliegen der Voraussetzungen dieser Vergünstigung muss den zuständigen deutschen Behörden nachgewiesen werden; die Art der Nachweise wird durch Vereinbarungen zwischen den deutschen Behörden und den Behörden des betreffenden Entsendestaats festgelegt (Art. 67 Abs. 3 Buchst. c NATOTrStatZAbk). Nähere Bestimmungen hierzu enthält der auf § 26 Abs. 5 Nr. 2 UStG beruhende § 73 UStDV.
Ab Oktober 1991 wurde ein sog. "vereinfachtes Beschaffungsverfahren" eingeführt, das die umsatzsteuerfreie Beschaffung von Waren und Dienstleistungen bis zu einer bestimmten Wertgrenze (5 000 DM bzw. 2 500 EUR in den Streitjahren 2001 bis 2004) erleichtern sollte (vgl. zur Abwicklung im einzelnen BMF-Schreiben vom 21.01.1998, BStBl I 1998, 144).
2. Umstritten ist, ob für den Nachweis, dass die jeweilige Dienstleistung von der amtlichen Beschaffungsstelle in Auftrag gegeben worden ist, jeweils ein gesonderter formularmäßiger Beschaffungsauftrag vorliegen muss, oder ob der jeweilige Beschaffungsauftrag, der ein Ablaufdatum ausweist, den Auftrag zu mehreren Dienstleitungen enthält. Das Formular des Beschaffungsauftrags ist als Anlage zu dem BMF-Schreiben vom 21.01.1998, BStBl I 1998, 144 und als Anlage 1 zum BMF-Schreiben vom 29.11.2001, BStBl I 2001, 1006 wiedergegeben.
Das Formular verwendet den Plural sowohl in der Überschrift "Antrag und Bestellformular für von der Mehrwertsteuer befreite deutsche Waren/Dienstleistungen" als auch in der Zeile "Beschreibung der Waren/Dienstleistungen". Im Text ist ausgeführt, dass die genannte Person zur Inanspruchnahme der im Folgenden aufgelisteten Dienstleistungen berechtigt ist und die aufgefüh...