Leitsatz
Ein gemeinnütziger Golfverein kann sich für die Inanspruchnahme einer Steuerbefreiung für Golfeinzelunterricht, den er durch angestellte Golflehrer gegenüber seinen Mitgliedern gegen Entgelt erbringt, unmittelbar auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der 6. EG-RL berufen.
Normenkette
§ 4 Nr. 22 Buchst. a und b UStG 1999, § 52, § 55 AO, Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der 6. EG-RL
Sachverhalt
Der Kläger ist ein als gemeinnützig anerkannter Golfclub. Er beschäftigte im Streitjahr 2000 einen Golflehrer als Arbeitnehmer, der u.a. den Mitgliedern des Klägers Einzelunterricht erteilte. Der Kläger behandelt diese Umsätze als steuerfrei.
Das FA versagte die Steuerbefreiung, da § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG nur für sportliche Veranstaltungen gelte und die Erteilung von Einzelunterricht keine Veranstaltung sei.
Das Niedersächsische FG wies die Klage ab. Die Steuerbefreiung sei auch nach Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. b der 6. EG-RL ausgeschlossen, weil der Kläger in unmittelbarem Wettbewerb zu den selbstständigen Golflehrern und kommerziellen Veranstaltern stehe (Niedersächsisches FG, Urteil vom 03.01.2008, 16 K 76/06, Haufe-Index 1971491, EFG 2008, 891).
Entscheidung
Die Revision des Klägers, die der XI. Senat des BFH wegen des BFH-Urteils vom 03.04.2008, V R 74/07 (BFH/NV 2008, 1631, BFH/PR 2008, 437), das erst nach Erlass der Entscheidung des FG ergangen war, zugelassen hatte, war erfolgreich.
Der BFH hat die Steuerbefreiung nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der 6. EG-RL gewährt, weil dieser Tatbestand erfüllt sei und die Steuerbefreiung aus den Gründen, die sich aus den Praxis-Hinweisen ergeben, nicht durch die Regelungen des Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. b der 6. EG-RL ausgeschlossen sei.
Hinweis
1. Nach § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG sind steuerfrei die Vorträge, Kurse und anderen Veranstaltungen wissenschaftlicher oder belehrender Art, die u.a. von Einrichtungen, die gemeinnützigen Zwecken dienen, durchgeführt werden, wenn die Einnahmen überwiegend zur Deckung der Kosten dienen.
Gem. § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG sind steuerfrei andere kulturelle und sportliche Veranstaltungen, die von den in Buchst. a genannten Unternehmen durchgeführt werden, soweit das Entgelt in Teilnahmegebühren besteht.
Der BFH hat entschieden, dass die Erteilung von Einzelunterricht in einer bestimmten Sportart keine "sportliche Veranstaltung" i.S.d. § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG ist (vgl. z.B. BFH, Urteil vom 11.10.2007, V R 69/06, BFH/NV 2008, 322, unter II.1.b.aa, BFH/PR 2008, 112).
2. Ob die Erteilung von Einzelunterricht als "Kursus" i.S.d. § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG angesehen werden kann, könnte dann offenbleiben, wenn die Voraussetzungen des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der 6. EG-RL erfüllt wären und die Steuerbefreiung nicht nach Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. b der 6. EG-RL ausgeschlossen ist. Denn auf diese Steuerbefreiung der 6. EG-RL kann sich der Steuerpflichtige unmittelbar berufen (vgl. BFH, Urteil vom 03.04.2008, V R 74/07, BFH/NV 2008, 1631, BFH/PR 2008, 437).
3. Nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst m der 6. EG-RL befreien die Mitgliedstaaten "bestimmte in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende Dienstleistungen, die Einrichtungen ohne Gewinnstreben an Personen erbringen, die Sport oder Körperertüchtigung ausüben".
Die Erteilung von Einzelunterricht in einer bestimmten Sportart durch einen als gemeinnützig anerkannten Verein ist eine Dienstleistung, die diesen Tatbestand erfüllt.
4. Die Steuerbefreiung darf aber nicht nach Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. b der 6. EG-RLausgeschlossen sein. Die Steuerbefreiung der Dienstleistungen ist ausgeschlossen, wenn
- sie zur Ausübung der Tätigkeiten, für die die Steuerbefreiung gewährt wird, nicht unerlässlich sind;
- sie im Wesentlichen dazu bestimmt sind, der Einrichtung zusätzliche Einnahmen durch Tätigkeiten zu verschaffen, die in unmittelbarem Wettbewerb mit Tätigkeiten von der Mehrwertsteuer unterliegenden gewerblichen Unternehmen durchgeführt werden.
Ob die Erteilung von Einzelunterricht in einer Sportart für die Ausübung dieser Sportart unerlässlich ist, erfordert eine Wertung. Es liegt jedoch nahe, bei einem Sportverein die Erteilung von Unterricht in der Sportart, deren Betreiben der Vereinszweck ist, als unerlässlich für die Ausübung dieses Sports anzusehen. Denn der Unterricht dient der Erlangung und Vervollkommnung derjenigen Fähigkeiten, die für die regelgerechte Ausübung der jeweiligen Sportart benötigt werden.
Zu dem Ausschluss der Steuerbefreiung nach Art. 13 Teil B Abs. 2 Buchst. b 2. Gedankenstrich der 6. EG-RL hat der V. Senat des BFH entschieden, dass ein Ausschluss nicht in Betracht komme für solche Tätigkeiten, die den Kernbereich der Befreiung betreffen. Denn ansonsten liefe die Befreiung in weiten Teilen leer (BFH, Urteil vom 03.04.2008, V R 74/07, BFH/NV 2008, 1631, unter II. 3.c.aa, BFH/PR 2008, 437).
Die Erteilung von Golfunterricht ist eine Dienstleistung, die in engem Zusammenhang mit dem Golfsport steht und deshalb seinen Kernbereich betrifft.
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