2.15.1 Einführung

 

Rz. 953

§ 114 AktG stellt besondere Anforderungen an Verträge zwischen Gesellschaft und Aufsichtsrat. Danach sind Verträge über Tätigkeiten höherer Art einem Zustimmungserfordernis des Aufsichtsrats unterworfen. Der Gesellschaftsvertrag kann jedoch für das fakultative Aufsichtsorgan vorsehen, dass § 114 AktG keine Anwendung findet, § 52 Abs. 1 GmbHG; haben die Gesellschafter von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht, gilt:

2.15.2 Von § 114 AktG betroffene Verträge

 

Rz. 954

Der vorherigen Zustimmung des Aufsichtsorgans bedürfen Dienst- und Werkverträge mit Organmitgliedern über Tätigkeiten höherer Art (§ 114 Abs. 1 Satz 1 AktG). Dienstverträge, durch die mit Organmitgliedern ein Arbeitsverhältnis i. S. d. § 622 BGB begründet werden soll, bedürfen nach der ausdrücklichen Regelung des § 114 Abs. 1 Satz 1 AktG nicht der Zustimmung des Aufsichtsorgans. Ebenso wenig bedürfen sonstige Verträge mit Organmitgliedern (z. B. Kauf- oder Mietverträge) der Zustimmung des Aufsichtsorgans. Der Begriff Tätigkeiten höherer Art umfasst jede Beratung oder Geschäftsbesorgung, die sich aus dem Alltäglichen heraushebt, also insbesondere besondere Kenntnisse und/oder eine besondere Vertrauensstellung erfordert.[1] § 114 AktG gilt nur für Leistungen eines Mitglieds des Aufsichtsorgans "außerhalb seiner Tätigkeit im Aufsichtsorgan". Für die Vergütung von Leistungen im Rahmen der Organtätigkeit gilt – soweit nicht im Gesellschaftsvertrag abbedungen – ausschließlich § 113 AktG, d. h. hierfür kann nur der Gesellschaftsvertrag oder ein Gesellschafterbeschluss eine Vergütung bewilligen.

 

Rz. 955

Verträge, die bereits vor Bestellung eines Organmitglieds zwischen diesem und der Gesellschaft bestanden und Tätigkeiten "höherer Art" i. S. d. § 114 Abs. 1 Satz 1 AktG umfassen, ruhen für die Dauer des Mandats, sofern das Aufsichtsorgan für die Fortgeltung des Altvertrags während der Dauer des Mandats nicht seine Zustimmung erteilt.[2]

[1] Koch, in Hüffer/Koch, AktG, § 114 Rn. 5; für Beispiele Dienste höherer Art s. Weidenkaff, in Palandt, BGB, § 627 Rn. 2; eingehend zu Beraterverträgen zwischen der GmbH und ihrem Aufsichtsratsmitglied Rohde, GmbHR 2007, S. 1128 ff.

2.15.3 Betroffener Personenkreis

 

Rz. 956

Der Zustimmung des Aufsichtsorgans bedürfen solche inhaltlich unter § 114 AktG fallende Verträge, die

  • mit dem Organmitglied selbst oder
  • mit einem Unternehmen abgeschlossen werden, an dem ein Organmitglied beteiligt ist.
 

Rz. 957

Im letzteren Fall kommt es auf den Umfang der Beteiligung des Organmitglieds an dem Unternehmen, mit dem die GmbH den Vertrag abschließt oder abgeschlossen hat, nicht an.[1]

[1] BGH, Urteil v. 2.4.2007, II ZR 325/05, AG 2007 S. 484; BGH, Urteil v. 20.11.2006, II ZR 279/05, NJW 2007 S. 298 ff. = AG 2007 S. 80 ff = NZG 2007 S. 103 ff.; U. H. Schneider, in Scholz, § 52 Rn. 377; v. Schenck, DStR 2007, S. 395 ff.

2.15.4 Anforderungen an den Vertragsinhalt

 

Rz. 958

Um zu vermeiden, dass für Umgehungen der §§ 113, 114 AktG "Tür und Tor" geöffnet werden[1], also vom Aufsichtsorgan vergütungspflichtige Verträge bewilligt werden, die Leistungen betreffen, die das Organmitglied als Mandatsträger schuldet, stellt der BGH hohe Anforderungen an den Inhalt und die Transparenz des zwischen der Gesellschaft und einem Organmitglied abgeschlossenen Vertrags.[2] Der Vertrag muss

  • den Vertragsgegenstand hinsichtlich Art und Umfang spezifizieren und konkret beschreiben[3], so dass eindeutige Feststellungen darüber möglich sind, ob die von dem Organmitglied oder dem Unternehmen, an dem dieses beteiligt ist, zu erbringenden Leistungen außerhalb oder innerhalb der organschaftlichen Pflichten liegen[4] und
  • die für diese Leistungen von der Gesellschaft zu entrichtende Vergütung so konkret bezeichnen, dass sich der Beirat ein eigenständiges Urteil über die Höhe und Angemessenheit der Vergütung bilden kann.[5]
 

Rz. 959

Verträge, die die vorstehenden Anforderungen nicht erfüllen, sind nichtig.

[2] S. hierzu ausführlich Bosse, NZG 2007, S. 172 ff.; Vetter, AG 2006, S. 173 ff.; v. Schenck, DStR 2007, S. 395 ff.
[3] Die Umschreibung "Beratung in betriebswirtschaftlichen und steuerrechtlichen Fragen" reicht z. B. nicht aus: BGH, Urteil v. 3.7.2006, II ZR 151/04, NZG 2006 S. 712 ff.
[5] BGH, Urteil v. 4.7.1994, II ZR 197/93, BGHZ 126 S. 340, 344 f.; OLG Hamburg, Urteil v. 17.1.2007, 11 U 48/06, AG 2007 S. 404, 406; OLG Köln, Urteil v. 31.1.2013, 18 U 21/12, BeckRS 2013, 03323.

2.15.5 Zustimmung des Aufsichtsrats

 

Rz. 960

Beim Abschluss von Verträgen, auf die § 114 AktG Anwendung findet, bleibt es seitens der GmbH bei der Vertretung durch den/die Geschäftsführer.[1] Diese Verträge sind jedoch nur dann wirksam, wenn das Aufsichtsorgan seine Zustimmung erteilt hat. Diese Zustimmung kann nur in For...

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