Dipl.-Finanzwirt Karl-Heinz Günther
Leitsatz
Wird eine innerhalb von zehn Jahren nach ihrem Kauf wieder verkaufte Wohnung bis in das Jahr der Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt und erst beginnend während des Jahres der Veräußerung bis zum Zeitpunkt der Veräußerung (im Streitfall: von April bis Dezember) vermietet, so ist der Gewinn aus der Veräußerung nicht steuerbar.
Sachverhalt
Im Streitfall erwarb der Steuerpflichtige im Jahr 2006 eine Eigentumswohnung für 87.000 € und nutzte sie bis April 2014 durchgehend zu eigenen Wohnzwecken. In den Monaten Mai 2014 bis Dezember 2014 vermietete er die Wohnung an Dritte. Mit notariellem Kaufvertrag vom 17.12.2014 veräußerte er die Eigentumswohnung zum Kaufpreis von 139.000 €. Das FA ermittelte hieraus einen nach § 23 EStG steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn.
Entscheidung
Dies sah das FG im Klageverfahren jedoch anders. Private Veräußerungsgeschäfte im Sinne von § 23 EStG sind Veräußerungsgeschäfte bei Grundstücken und Rechten, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt. Nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG sind Wirtschaftsgüter, die
- im Zeitraum zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken oder
- im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurden,
vom Anwendungsbereich des § 23 EStG ausgenommen.
Dass FG entschied, dass es sich im Streitfall nicht um einen nach § 23 EStG steuerbaren Vorgang handelt, denn das Grundstück wurde im Jahr der Veräußerung bis April und in den beiden vorangegangenen Jahren vollständig zu eigenen Wohnzwecken genutzt. Die Vermietung in den Monaten Mai bis Dezember sah das Gericht insoweit als unschädlich an. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1Satz 3 Alt. 2 EStG benennt gerade keine schädlichen Nutzungsarten, sondern fordert lediglich eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken in den genannten Jahren. Der Wortlaut der Vorschrift ist insoweit eindeutig. Für eine Unterscheidung zwischen einem "steuerbegünstigten Leerstand" und einer "steuerschädlichen Vermietung" ergeben sich daher weder aus dem Gesetz noch aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift Anhaltspunkte.
Hinweis
Das FG hob hervor, dass auch nicht zwischen einer steuerunschädlichen Vermietung vor Beginn des Dreijahreszeitraums des § 23 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 Alt. 2 EStG und einer steuerschädlichen am Ende des Dreijahreszeitraums zu unterscheiden ist. Denn es ist nicht ersichtlich, weshalb eine langjährige Vermietung vor einer kurzzeitigen Eigennutzung unschädlich, eine kurzzeitige Zwischenvermietung bis zur Veräußerung am Ende einer langjährigen Eigennutzung jedoch steuerschädlich sein sollte.
Link zur Entscheidung
FG Baden-Württemberg, Urteil vom 07.12.2018, 13 K 289/17