Leitsatz
* Die aufgrund § 17 Abs. 1 Nr. 3 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) durch Rechtsverordnung (sog. Sachbezugsverordnung) jeweils festgesetzten amtlichen Sachbezugswerte sind für diejenigen Fälle, für die sie bestimmt sind, nach § 8 Abs. 2 Sätze 6 bis 8 EStG zwingend für die Besteuerung zu übernehmen.
* Leitsatz nicht amtlich
Normenkette
§ 8 Abs. 2 Sätze 6 bis 8 EStG , § 2 SachBezV 1996 ff. , § 3 SachBezV 1996 ff. , § 5 SachBezV 1996 ff.
Sachverhalt
Die Klägerin, eine KG, betreibt ein Restaurant in einer Großstadt. Das FA stellte fest, dass die Klägerin in den Jahren 1966 bis 1999 mehreren Arbeitnehmern verbilligt Personalunterkünfte zur Verfügung gestellt hatte. Das FA vertrat die Auffassung, für die Überlassung der Unterkünfte sei der Wert der Unterkünfte nach der SachBezV zu ermitteln. Unter Berücksichtigung der bisher versteuerten Beträge wurden die als Arbeitslohn zu berücksichtigenden Bemessungsgrundlagen aufgrund § 5 SachBezV neu ermittelt.
Gegen den Haftungsbescheid brachte die Klägerin im Wesentlichen vor, der Ansatz der betreffenden Sachbezugswerte führe zu einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung. Das FG wies die Klage ab.
Entscheidung
Der BFH ließ die Revision nicht zu. Er vertrat zu Recht die Auffassung, der von der Klägerin herausgestellten Rechtsfrage, ob die Sachbezugswerte bei kostenloser und verbilligter Überlassung von Unterkünften zwingend auch der Höhe nach anzuwenden seien, komme keine grundsätzliche Bedeutung zu. Die Rechtsfrage, ob von der Übernahme der Sachbezugswerte allein wegen bloß behaupteter, im Übrigen auch nicht belegter Übermaßbesteuerung abgesehen werden könne, sei eindeutig zu verneinen. Die Frage sei nicht klärungsbedürftig; sie lasse sich ohne weiteres aus dem Gesetz beantworten. Ein Revisionsverfahren sei nicht erforderlich.
Hinweis
1. Bei der Überlassung von Unterkünften durch einen Arbeitgeber an einen Arbeitnehmer handelt es sich um einen Sachbezug, der einen geldwerten Vorteil i.S.d. § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG darstellt und für den der Arbeitgeber deshalb Lohnsteuer einzubehalten hat (§ 38 Abs. 3 EStG).
2. Für bestimmte Sachbezüge, wie z.B. für eine Unterkunft, die der Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber (frei oder verbilligt) erhält, sind aufgrund § 17 Abs. 1 Nr. 3 SGB IV durch Rechtsverordnung (SachBezV) Werte bestimmt worden. Diese amtlichen Sachbezugswerte sind auch im Steuerrecht maßgebend (§ 8 Abs. 2 Satz 6 EStG).
3. Bei den Sachbezugswerten nach § 8 Abs. 2 Sätze 6 bis 8 EStG handelt es sich um typisierende pauschalierende Werte, die einem erheblichen Ermittlungs- und Überprüfungsaufwand begegnen sollen. Die Bewertung nach den amtlichen Sachbezugswerten stellt eine Ausnahme vom Grundsatz der Einzelbewertung nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG dar. Sie stehen unter dem allgemeinen Verfassungsvorbehalt des Art. 3 GG und dürfen deshalb nicht wirklichkeitsfern festgesetzt werden.
4. Die amtlichen Sachbezugswerte (im Streitfall die Werte für die Überlassung von Unterkünften, die ggf. in Sonderfällen nach § 3 Abs. 2 SachBezV durch Abschläge zu mindern sind) sind zwingend anzusetzen (§ 2 i.V.m. § 3 bzw. § 5 SachBezV 1996 ff.). Eine Abweichung von diesen besonderen Werten ist im Festsetzungsverfahren nicht zulässig.
5. Da es sich bei den Sachbezugswerten um eine gesetzliche Regelung im materiellen Sinn handelt, kann sich ein Steuerpflichtiger nicht auf die höchstrichterliche Rechtsprechung berufen, wonach in Verwaltungsvorschriften angesetzte Pauschbeträge dann keine Anwendung finden können, wenn sie offensichtlich unzutreffend sind.
6. Unabhängig davon wird allgemein davon ausgegangen, dass die amtlichen Sachbezugswerte in der Regel günstig im Vergleich zu den tatsächlichen Werten sind.
Link zur Entscheidung
BFH, Beschluss vom 7.1.2004, VI B 108/02