Leitsatz
Schuldet eine Kapitalgesellschaft ihrem beherrschenden Gesellschafter Zahlungen aufgrund eines Mietverhältnisses, bei dem sich die Höhe der Gegenleistung nach dem "Abschreibewert plus 10 %" errechnet, so fehlt es insoweit an einer klaren und eindeutigen Vereinbarung mit der Folge, dass die aus dem Mietverhältnis resultierenden Verbindlichkeiten als verdeckte Gewinnausschüttung zu behandeln sind.
Sachverhalt
Die X-GmbH wurde 01 gegründet. Gegenstand des Unternehmens ist der Betrieb von und die Beteiligung an Gaststätten und Gasthöfen mit oder ohne Fremdenzimmer sowie der Vertrieb und das Betreiben von Spielautomaten. Gesellschafter der X-GmbH sind zu 48 % die Y-GmbH, zu 28 % A und zu 24 % B. A und B sind zudem zu 90 % bzw. zu 10 % Gesellschafter der Y-GmbH. In 01 hatte die X-GmbH Verbindlichkeiten von rd. 180.000 DM bilanziert, die aus einer mietvertraglichen Vereinbarung mit der Y-GmbH resultierten, in deren Rahmen die Y-GmbH der X-GmbH Inventar und Ausstattung eines Gasthofs überlassen hatte. In einem Schreiben aus dem Jahr 03 wurde hierzu ausgeführt, dass zwischen den beiden Unternehmen eine Miete in Höhe des "Abschreibewerts plus 10 %" als vereinbart gelten sollte. Eine schriftliche Vereinbarung über weitere Einzelheiten des behaupteten Mietverhältnisses bestand nicht. Die von der X-GmbH an die Y-GmbH geschuldete Vergütung wurde ermittelt, indem sämtliche für die Renovierung und Ausstattung des Gasthofs aufgewendeten Kosten des Jahres 01 addiert, um den Warenverkauf gemindert und um eine "Betriebsumlage" von 10 % erhöht wurden.
Entscheidung
Eine verdeckte Gewinnausschüttung i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung), die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Einkommens auswirkt und in keinem Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht. Ist der begünstigte Gesellschafter ein beherrschender, so kann eine verdeckte Gewinnausschüttung auch dann anzunehmen sein, wenn die Kapitalgesellschaft eine Leistung an ihn erbringt, für die es an einer klaren, im Voraus getroffenen, zivilrechtlich wirksamen und tatsächlich durchgeführten Vereinbarung darüber fehlt, ob und in welcher Höhe die Leistung von der Kapitalgesellschaft erbracht werden soll. Der Gesellschafter A, der zu 28 v.H. unmittelbar sowie mittelbar zu (90 v.H. × 48 v.H. =) 43 v.H. über die Y-GmbH an der X-GmbH beteiligt ist, konnte allein den Abschluss des Mietvertrages erzwingen, er ist damit ein beherrschender Gesellschafter. Eine verdeckte Gewinnausschüttung war schon deshalb anzunehmen, weil die X-GmbH eine Leistung an die Gesellschafterin (Y-GmbH) erbracht hat, für die es an einer klaren, im Voraus getroffenen Vereinbarung fehlte; denn die Mietzinsvereinbarung war weder bestimmt noch bestimmbar. Die Bemessung des Mietzinses nach dem "Abschreibewert plus 10 %" kann nicht eindeutig in der Weise ausgelegt werden, dass unter den "Abschreibewert" sämtliche vom Vermieter getragene Kosten gerechnet werden. Denkbar wäre auch, unter dem "Abschreibewert" die AfA für die überlassenen Wirtschaftsgüter zu verstehen. In jedem Fall handelt es sich daher um eine mietvertragliche Vereinbarung, die unterschiedliche Deutungen für die Mietzinshöhe zulässt. Ferner ist davon auszugehen, dass ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter den Mietvertrag zwischen der X-GmbH und der Y-GmbH mit einem Dritten, der nicht zugleich beherrschender Gesellschafter ist, nicht oder zumindest nicht mit diesem Inhalt abgeschlossen hätte. Insbesondere würde er einer Mietzinsvereinbarung nicht zustimmen, die weder bestimmt noch bestimmbar ist und die im Fremdvergleich die sonst üblichen mietvertraglichen Gegenleistungen deutlich übersteigt, denn die behauptete Vereinbarung räumt dem Vermieter bereits innerhalb eines Mietzahlungszeitraums einen Mietzinsanspruch ein, der die Anschaffungskosten der überlassenen Wirtschaftsgüter um 10 % übersteigt.
Zudem hätte ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter einer Vereinbarung die Zustimmung verweigert, die offen lässt, wann und zu welchen Zeitpunkten Mietzinszahlungen fällig werden.
Die verdeckte Gewinnausschüttung erfasst dabei den gesamten von der X-GmbH als sonstige Verbindlichkeit erfassten Betrag. Es ist nicht möglich, einen angemessenen Teil des bilanziell erfassten Betrages zu bestimmen.
Hinweis
Das Urteil steht im Einklang mit der Rechtsprechung des BFH, nach der bei einem beherrschenden Gesellschafter eine verdeckte Gewinnausschüttung auch dann anzunehmen ist, wenn die Kapitalgesellschaft eine Leistung an ihn erbringt, für die es an einer klaren, im Voraus getroffenen, zivilrechtlich wirksamen und tatsächlich durchgeführten Vereinbarung darüber fehlt, ob und in welcher Höhe die Leistung von der Kapitalgesellschaft erbracht werden soll.
Link zur Entscheidung
FG München, Urteil vom 19.11.2003, 7 K 5337/02