Dipl.-Finanzwirt Christian Ollick
Leitsatz
Das Finanzgericht Köln entschied, dass eine Verdienstausfall-Entschädigung auch dann als Entschädigung für entgangene oder entgehende Einnahmen versteuert werden muss, wenn im Zeitpunkt des Schadensereignisses kein Erwerbsverhältnis bestand und die Zahlung daher nur potentiell erzielbaren Arbeitslohn ersetzt.
Sachverhalt
Ein Arbeitnehmer schied im Jahr 2000 aufgrund einer Umstrukturierung aus seinem Betrieb aus und stand in der Folgezeit in keinem Arbeitsverhältnis mehr. Drei Jahre später unterzog er sich einer Operation, die erheblich missglückte und zur Erwerbsunfähigkeit führte, sodass der Mann fortan auf Hartz-IV-Leistungen angewiesen war und keiner Erwerbstätigkeit mehr nachging.
Der Haftpflichtversicherer des Klinikbetreibers zahlte dem Mann nach langwierigen Verhandlungen einen Betrag von 490.000 EUR, der sich aus einem Schmerzensgeld von 100.000 EUR, einem Haushaltsführungsschaden von 155.000 EUR, sowie einer Verdienstausfallentschädigung von 235.000 EUR zusammensetzte. Das Finanzamt sah den letzten Bestandteil als steuerpflichtige Entschädigung für entgangene oder entgehende Einnahmen (nach § 24 Nr. 1 a) i. V. m. § 19 EStG) an, wogegen der Mann klagte. Er machte unter anderem geltend, dass er im Zeitpunkt der Operation (und schon in den drei Jahren zuvor) in keinem Arbeitsverhältnis mehr gestanden hatte, sodass durch die Entschädigung lediglich der Bezug von Hartz-IV-Leistungen beendet worden sei. Somit sei kein Ersatz von "entgangenen oder entgehenden Einnahmen" anzunehmen.
Entscheidung
Das Finanzgericht urteilte, dass das Finanzamt zu Recht von einer steuerpflichtigen Entschädigung i. S. d. § 24 Nr. 1 a) EStG ausgegangen war. Zwar erfordert die Steuerbarkeit der Leistung eine kausale Verknüpfung zwischen Entschädigung und entgangenen Einnahmen - entgegen der klägerseitigen Auffassung hängt die Steuerbarkeit aber nicht davon ab, ob die Leistung einen Bezug zu einem konkreten Dienstverhältnis hat.
Zwar hatte der Mann seit dem Jahr 2000 nicht mehr in einem Arbeitsverhältnis gestanden, er hatte dem Arbeitsmarkt damals allerdings unstreitig zu Vermittlungszwecken zur Verfügung gestanden, was sich unter anderem aus dem Bezug von Arbeitslosengeld I in den Jahren 2000 bis 2003 ergab. Auch die Schadensberechnung der Versicherung zeigte, dass durch den Betrag von 235.000 EUR der Verlust der Erwerbsfähigkeit ersetzt werden sollte.
Hinweis
Bei Entschädigungen wegen Körperverletzung muss nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung steuerlich unterschieden werden zwischen Beträgen, die den Verdienstausfall ersetzen und solchen Beträgen, die als Ersatz für Arztkosten, Heilungskosten und Mehraufwendungen während der Krankheit, sowie als Ausgleich für immaterielle Einbußen in Form von Schmerzensgeld gewährt werden. Nur soweit entgangene oder entgehende Einnahmen auf Grund der verminderten Erwerbsfähigkeit ersetzt werden, besteht eine Steuerpflicht i. S. d. § 24 Nr. 1a) EStG.
Die Revision wurde zugelassen, das Verfahren ist beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen IX R 25/17 anhängig.
Link zur Entscheidung
FG Köln, Urteil vom 01.06.2017, 10 K 3444/15