Leitsatz

1. Die Anteile an einer Gesellschaft, die eine andere Gesellschaft hält, an der eine Person zu 100 % beteiligt ist, sind dieser wie eigene Anteile zuzurechnen (mittelbare Anteilsvereinigung). Die Anteile, die eine KG an einer anderen Gesellschaft hält, können dem Kommanditisten nicht zugerechnet werden, weil auch der Komplementär, selbst wenn seine Beteiligung nicht mit einem wertmäßigen Anteil am Gesellschaftsvermögen verbunden ist, einen "Anteil an der Gesellschaft" hält.

2. § 1 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. a GrEStG umfasst zwar auch den gesellschaftsrechtlichen Zusammenschluss mehrerer Personen, doch muss es sich hierbei gemäß dem Wortlaut der Bestimmung um natürliche Personen handeln. Eine Personenhandelsgesellschaft, an der juristische Personen beteiligt sind, ist kein Zusammenschluss natürlicher Personen im Sinn dieser Vorschrift.

3. Eine mittelbare Anteilsvereinigung ist auch dann zu bejahen, wenn eine herrschende Hand zusammen mit einer abhängigen Gesellschaft (i.S.d. § 1 Abs. 4 Nr. 2 GrEStG) eine Gesellschaft beherrscht, die wiederum die Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft hält.

 

Normenkette

§ 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG , § 1 Abs. 4 Nr. 2 GrEStG

 

Sachverhalt

An einer grundbesitzenden GmbH (A-GmbH) waren zunächst fünf Einzelpersonen zu insgesamt 45 % und eine KG zu 55 % des Stammkapitals beteiligt. Einzige Kommanditistin der KG war die Klägerin, eine AG. Einzige Komplementärin war eine weitere GmbH (B-GmbH), die allerdings nicht am Gesellschaftsvermögen der KG beteiligt war. Gesellschafter der B-GmbH wiederum waren zu 90 % die Klägerin und zu 10 % des Stammkapitals eine weitere AG.

Nachdem die Klägerin im Jahr 1989 die Geschäftsanteile der fünf Einzelpersonen an der A-GmbH erworben hatte, nahm das FA an, darin liege eine Vereinigung aller Anteile an der A-GmbH in der Hand der Klägerin i.S.d. § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG in der 1989 geltenden Fassung (a.F.).

Das FG hob jedoch den demgemäß ergangenen Grunderwerbsteuerbescheid auf. Weder seien alle Anteile an der A-GmbH in der Hand der Klägerin vereinigt worden noch seien sie in der Hand eines herrschenden und eines abhängigen Unternehmens vereinigt worden.

Einer – wenn auch teilweise mittelbaren – Anteilsvereinigung in einer Hand stehe entgegen, dass die Klägerin die AG nicht gänzlich beherrscht habe. Eine Anteilsvereinigung in der Hand eines herrschenden und eines abhängigen Unternehmens scheide aus, weil die KG als Personengesellschaft, an der nur juristische Personen beteiligt sind, kein abhängiges Unternehmen i.S.d. § 1 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. a und b GrEStG a.F. sein konnte.

 

Entscheidung

Der BFH hob die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück.

Er verweist zunächst darauf, dass zwar der Erwerb des letzten Anteils die Steuer auslöst, der Anteilserwerb aber nicht der Steuergegenstand ist. Vielmehr wird der Erwerb des letzten Anteils so behandelt, als habe der Erwerber das Grundstück von der Gesellschaft erworben, deren Anteile sich in seiner Hand vereinigen.

Sodann legt er dar, dass die fehlende Kapitalbeteiligung der B-GmbH als Komplementärin der KG noch nicht dazu führt, dass sich alle Anteile an der A-GmbH in der Hand der Klägerin vereinigt hätten. Die Stellung der B-GmbH als Komplementärin sei trotz ihrer fehlenden Kapitalbeteiligung zu beachten, da es auf die gesellschaftsrechtliche Beteiligung ankomme.

Die KG ist auch kein von der Klägerin abhängiges Unternehmen i.S.d. § 1 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. a GrEStG a.F., da ihre Gesellschafter keine natürlichen Personen sind. Unter Buchstabe b der Vorschrift kann die KG nicht fallen, weil Buchst. b nur juristische Personen erfasst.

Zu untersuchen bleibt aber noch die bisher nicht geprüfte Frage, ob sich im Streitfall eine Anteilsvereinigung aus dem Zusammenspiel von (mittelbarer und unmittelbarer) Anteilsvereinigung mit der Abhängigkeit einer zwischengeschalteten Kapitalgesellschaft ergibt. Ist die B-GmbH ein von der Klägerin abhängiges Unternehmen i.S.d. § 1 Abs. 3 i.V.m. Abs. 4 Nr. 2 Buchst. b GrEStG a.F., beherrscht die Klägerin zusammen mit der B-GmbH die KG, die dadurch mittelbar für die Klägerin die restlichen Anteile an der grundbesitzenden A-GmbH hält. Da das FG nicht festgestellt hatte, ob die B-GmbH von der Klägerin abhängig ist, war die Sache zurückzuverweisen.

 

Hinweis

Die Grundsätze der Entscheidung gelten auch für § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG 1983 in der heutigen Fassung, und zwar mit der Maßgabe, dass nicht mehr die Vereinigung aller Anteile erforderlich ist, sondern bereits die Vereinigung von 95 % der Anteile genügt. Von den einzelnen Tatbeständen des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG 1983, nämlich der unmittelbaren oder mittelbaren Vereinigung aller (nunmehr 95 %) Anteile

a) in der Hand des Erwerbers,

b) in der Hand von herrschenden und abhängigen Unternehmen oder Personen,

c) in der Hand von abhängigen Unternehmen allein,

d) in der Hand von abhängigen Personen allein

können die Tatbestände zu a) und b) nicht nur alternativ vorkommen, sondern auch miteinander vermischt sein. Das heißt bei einer teils unmitt...

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