Leitsatz
1. Auch die Mieten und Pachten für weitervermietete oder -verpachtete Immobilien sind dem Gewinn aus Gewerbebetrieb gem. § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG 2002 hinzuzurechnen.
2. Die Hinzurechnung von dreizehn Zwanzigstel der Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung der unbeweglichen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen, ist verfassungsgemäß.
Normenkette
§ 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG 2002 i.d.F. des UntStRefG 2008/JStG 2008, Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 GG
Sachverhalt
Die Klägerin ist eine GmbH, die zu einer Unternehmensgruppe gehört. Die Unternehmen dieser Gruppe betreiben hauptsächlich einen Großhandel mit Einzelhandelsunternehmen, die ebenfalls zum weiteren Bereich der Unternehmensgruppe zählen. Beliefert werden ca. 440 Einzelhandelsunternehmen, die selbstständig in der Gesellschaftsform der OHG tätig sind. An den OHG sind zu je 50 % Unternehmer vor Ort und jeweils ein Tochterunternehmen der Unternehmensgruppe beteiligt.
Ein großer Teil der Einzelhandelsunternehmen, ca. 300, hat die geschäftlichen Räumlichkeiten nebst Verkaufseinrichtungen zu einem umsatzabhängigen Miet-/Pachtzins von der Klägerin gepachtet. Diese hat ihrerseits die Ladenlokale überwiegend selbst zu einem festen Mietzins angemietet. Daneben vermietet die Klägerin in geringem Umfang eigene Immobilien.
Wegen der Anmietung der Immobilien berücksichtigte das FA Hinzurechnungen gem. § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG 2002 n.F. Dagegen wandte sich die Klägerin erfolglos mit ihrer Klage, die sie im Wesentlichen auf Einwände verfassungsrechtlicher Art stützte (FG Münster, Urteil vom 22.8.2012, 10 K 4664/10 G, Haufe-Index 3429436, EFG 2012, 2231).
Entscheidung
Der BFH hat das FG bestätigt. Einzelheiten dazu und auch zu den tatbestandlichen Erfordernissen des § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG ergeben sich aus den vorstehenden Praxis-Hinweisen.
Hinweis
1. Nach § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG werden dem Gewinn des Gewerbebetriebs ein Viertel der Summen aus 13/20 der Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung der unbeweglichen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens und die im Eigentum anderer stehen wieder hinzugerechnet.
2. Der Begriff des Anlagevermögens ist hierbei nach allgemeinen ertragsteuerlichen Grundsätzen zu bestimmen. Anlagevermögen sind danach die Gegenstände, die dazu bestimmt sind, auf Dauer dem Betrieb zu dienen. Das sind die zum Gebrauch im Betrieb und nicht zum Verbrauch oder Verkauf bestimmten Wirtschaftsgüter. Für die Hinzurechnung nach § 8 GewStG ist darauf abzustellen, ob die Wirtschaftsgüter fiktives Anlagevermögen des Mieters oder Pächters wären, wenn er ihr Eigentümer wäre.
Das ist regelmäßig der Fall bei gewerblichen Zwischenvermietern, z.B. Hotels oder Mietwagenunternehmen. Sie nutzen die überlassenen "fremden" Wirtschaftsgüter im Rahmen ihres Gewerbes unmittelbar, nicht bloß mittelbar als "Durchleitposten".
Ansonsten würden "Vermietungsbetriebe" kein "Anlagevermögen benutzen". Das aber kann nicht sein und ein verengendes normspezifisches Regelungsverständnis verbietet sich deshalb von vornherein. Auch dass es bei einem anderen Steuersubjekt, dem Endmieter, ggf. ebenfalls zu einer Hinzurechnung eines Teils des Nutzungsentgelts kommt, ändert an der Tatbestandsverwirklichung beim Zwischenvermieter nichts.
3. Das alles verhält sich auch "im Telos" des § 8 Nr. 1 GewStG:
Eine teleologische Reduktion der Hinzurechnungsvorschrift ist nicht geboten. Zweck der Hinzurechnungen ist es, den für die Besteuerung maßgebenden Gewerbeertrag unabhängig von der Art und Weise der für die Kapitalausstattung des Betriebs zu entrichtenden Entgelte zu bestimmen. Gesetzlicher Orientierungspunkt ist damit ein "typisiertes" Unternehmen, das eigenkapitalfinanziert ist. Da auch bei der An- und Weitervermietung von Grundstücken, die im Eigentum eines Dritten stehen, Fremdkapital – anstelle von Eigenkapital – im Betrieb des Zwischenvermieters zum Zweck der Erwirtschaftung von Ertrag eingesetzt wird, entspricht es gerade dem Zweck der Hinzurechnungsvorschrift, "durchgeleitete" Immobilien zu erfassen. Darin liegt die "eigene" Wertschöpfung dieses Unternehmens.
4. Und das alles verlässt auch nicht den Rahmen des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums und "wird" verfassungswidrig.
Der BFH hatte daran schon in seinem Beschluss vom 16.10.2012, I B 128/12 (BStBl II 2013, 30, BFH/NV 2013, 144) keine "ernstlichen Zweifel". Er widersprach damit dem FG Hamburg, das von der Verfassungswidrigkeit (u.a. auch) des § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG überzeugt ist und deswegen durch seinen Beschluss vom 29.2.2012, 1 K 138/10 (EFG 2012, 960) das BVerfG (unter dem Az. 1 BvL 8/12) zur Durchführung einer entsprechenden Normenkontrolle angerufen hat.
Der zitierte AdV-Beschluss des BFH erging zwar anhand des nur eingeschränkten "summarischen" Prüfungsmaßstabs im Rahmen eines AdV-Verfahrens. Letzten Endes hat der BFH sich daran aber nunmehr auch für das Hauptsacheverfahren orientiert. Das Ergebnis seiner Prüfung anhand eines "eingehenden" Prüfungsmaßstabs weicht von dem nu...