Entscheidungsstichwort (Thema)
Satzung der Steuerberaterkammer Nürnberg
Leitsatz (amtlich)
Verfassungsrechtliche Überprüfung von Satzungsregelungen einer Steuerberaterkammer u. a. zu den Aufgaben der Kammer, zur Organisation der Kammerversammlung, zur ehrenamtlichen Mitarbeit und zur Erhebung von Kammerbeiträgen.
Leitsatz (redaktionell)
1. § 3, § 5 Abs. 2, § 6 Abs. 2, 4, § 7, § 8 Abs. 2, § 11 Abs. 4, § 14, § 15 Abs. 1, § 17 und § 20 der Satzung der Steuerberaterkammer Nürnberg vom 19.02.1975, zuletzt geändert durch Beschluss der Kammerversammlung vom 17.06.2010, verstoßen nicht gegen die Bayerische Verfassung.
2. Die Möglichkeit der Steuerberaterkammer, gemäß § 3 Abs. 3 der Satzung als Zertifizierungsdiensteanbieter nach § 4 SigG aufzutreten, überschreitet die Ermächtigungsnormen der §§ 78, 76 StBerG nicht in verfassungswidriger Weise. Ein signifikanter, auf der Hand liegender Widerspruch zum bundesrechtlich vorgegebenen Aufgabenrahmen der Wahrung beruflicher Belange ist nicht erkennbar. Die Kammer darf zwar nicht in der Weise gewerblich tätig werden, dass sie mit ihren Mitgliedern oder der freien Wirtschaft in Wettbewerb tritt. Die Wahrung beruflicher Belange kann aber mit wirtschaftlichen Nebenfolgen verknüpft sein. Zertifizierungsdienste darf nach dem Signaturgesetz jeder anbieten, der die dafür notwendige Zuverlässigkeit und Sachkunde besitzt. Es liegt nahe, dass die berufsständische Kammer der Steuerberater ihren Mitgliedern Zertifizierungsdienste für elektronische Signaturen anbietet, die im Verkehr mit der Finanzverwaltung und Mandanten zum Einsatz kommen können.
Normenkette
StBerG § 76 Abs. 1-2, § 78; Verf BY Art. 3 Abs. 1 S. 1, Art. 2 Abs. 2, Art. 101
Tenor
Der Antrag wird abgewiesen.
Tatbestand
I.
Gegenstand der Popularklage sind §§ 3, 5 Abs. 2, § 6 Abs. 2 und 4, §§ 7, 8 Abs. 2, § 11 Abs. 4, §§ 14, 15 Abs. 1, §§ 17 und 20 der Satzung der Steuerberaterkammer Nürnberg vom 19. Februar 1975, zuletzt geändert durch Beschluss der Kammerversammlung vom 17. Juni 2010. Diese Bestimmungen legen die Aufgaben der Steuerberaterkammer fest, regeln Zuständigkeiten, Einberufung und Leitung der Kammerversammlung sowie das Stimmrecht der Mitglieder und die Protokollierung des Verlaufs; ferner befassen sie sich mit der ehrenamtlichen Mitarbeit in der Kammer sowie mit der Geschäftsführung und der Erhebung von Kammerbeiträgen bei den Mitgliedern. Die angegriffenen Vorschriften lauten wie folgt:
(1) Die Kammer wird im Rahmen der ihr nach Gesetz und Satzung übertragenen Aufgaben tätig. Dabei hat sie die beruflichen Belange der Gesamtheit der Mitglieder zu wahren.
(2) Der Kammer obliegt insbesondere:
- Die Gesamtheit der Mitglieder in der Berufsausübung zu fördern;
- die Mitglieder in Fragen der Berufspflichten zu beraten und zu belehren;
- auf Antrag bei Streitigkeiten unter den Mitgliedern zu vermitteln;
- die Aufsicht über die Erfüllung der Berufspflichten durch die Mitglieder und das Recht der Rüge zu handhaben;
- die Vorschlagsliste der ehrenamtlichen Beisitzer bei den Berufsgerichten der Landesjustizverwaltung einzureichen;
- Gutachten zu erstatten, die ein Gericht, eine Landesfinanzbehörde oder eine andere Verwaltungsbehörde des Landes anfordert oder Gutachter hierfür zu benennen;
- die ihr durch Gesetz zugewiesenen Aufgaben im Bereich der Berufsbildung wahrzunehmen und die Ausbildung des Berufsnachwuchses zu fördern;
- die berufsständischen Mitglieder der Prüfungsausschüsse für die steuerberatenden Berufe vorzuschlagen;
- das Berufsregister zu führen;
- Fürsorgeeinrichtungen für Steuerberater und Steuerbevollmächtigte sowie deren Hinterbliebene zu schaffen;
- die den Steuerberaterkammern gemäß § 76 Abs. 2 Nr. 10 StBerG zugewiesenen Aufgaben wahrzunehmen.
(3) Daneben kann die Kammer ihren Mitgliedern auch Dienste als akkreditierter Zertifizierungsdiensteanbieter nach dem Signaturgesetz (SigG) anbieten.
(1) …
(2) Die Kammerversammlung ist zuständig für:
- die Beschlussfassung über Änderungen der Satzung;
- die Beschlussfassung über die Wahlordnung, die Beitragsordnung und deren Änderungen;
- die Wahl des Vorstandes sowie die Abberufung von Vorstandsmitgliedern;
- die Wahl der Delegierten zur Satzungsversammlung der Bundessteuerberaterkammer und ihrer Stellvertreter gemäß § 86 a StBerG;
- die Wahl von Rechnungsprüfern und ihrer Stellvertreter; Vorstandsmitglieder sind nicht als Rechnungsprüfer wählbar;
- die Entgegennahme des Tätigkeitsberichtes des Vorstandes, des Präsidiums sowie des Berichtes der Rechnungsprüfer;
- die Genehmigung des Jahresabschlusses;
- die Beschlussfassung über die Entlastung des Vorstandes und des Präsidiums;
- die Beschlussfassung über den Wirtschaftsplan;
- die Beschlussfassung über die Beitragsordnung;
- die Bildung einer gemeinsamen Berufskammer nach § 75 StBerG;
- die Einrichtung einer nicht rechtsfähigen Arbeitsgemeinschaft mehrerer Berufskammern nach § 84 StBerG;
- die Ernennung eines Ehrenpräsidenten gemäß § 9 a dieser Satzung.
§ 6 Einberufung der Kammerversammlung
(1) …
(2) Die Kammerversammlung ist außerdem ...