AGH Bayern: Pflichtbeitrag zur RAK für Steuerberater

Der Pflichtbeitrag zur Rechtsanwaltskammer für Steuerberater als Partner einer berufsübergreifenden Sozietät verstößt nach einer Entscheidung des AGH Bayern nicht gegen die Verfassung.

Steuerberaterinnen und Steuerberater, die als Partner einer berufsübergreifenden Sozietät tätig sind und selbst nicht zur Rechtsanwaltschaft zugelassen sind, sind gleichwohl Pflichtmitglieder der jeweils zuständigen RAK. Als solche werden sie auch zum Kammerbeitrag herangezogen. Dies ist nach einer Entscheidung des AGH Bayern verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

Steuerberater klagt gegen Pflichtmitgliedschaft in der RAK

Ein Steuerberater, der als vertretungsberechtigter Partner einer berufsübergreifenden Sozietät selbst nicht als Rechtsanwalt zugelassen ist, wehrte sich gerichtlich gegen die Heranziehung zum Kammerbeitrag durch die RAK. Er verlangte neben der

  • Aufhebung des gegen ihn ergangenen Beitragsbescheids
  • die gerichtliche Feststellung, dass eine Mitgliedschaft in der RAK gemäß § 60 Abs. 2 Nr.3 BRAO nicht bestehe, weil die nach dieser Vorschrift vorgesehene Mitgliedschaft gegen die Verfassung verstoße und ihn in seiner durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Berufsfreiheit verletzt.

Im Übrigen sei er ja auch Mitglied der Steuerberaterkammer.

Freie Berufsausübung durch Pflichtmitgliedschaft nicht verletzt

Der AGH Bayern ist der Argumentation des Steuerberaters nicht gefolgt. Die nach § 60 Abs. 2 Nr. 3 BRAO bestehende Pflichtmitgliedschaft der nichtanwaltlichen Mitglieder von Geschäftsführungs- und Aufsichtsorganen von Berufsausübungsgesellschaften verletze den Kläger nicht in seinem Recht auf freie Berufsausübung. Die Pflichtmitgliedschaft betreffe nicht die Berufsausübung als solche, sondern sei lediglich eine Folge seiner Berufsausübung als Steuerberater im Rahmen einer interprofessionellen Sozietät.

Keine Verletzung der Vereinsfreiheit

Der Beschwerdeführer sei auch nicht in seinem durch Art. 9 Abs. 1 GG geschützten Recht auf freie Vereinsbildung verletzt. Zwar sei für den in Art. 9 Abs. 1 GG verwendeten Vereinsbegriff das Element der Freiwilligkeit konstitutiv, jedoch erstrecke sich der Vereinsbegriff des Grundgesetzes nicht auf öffentlich-rechtliche Körperschaften. Die Pflichtmitgliedschaft in der öffentlich-rechtlichen Körperschaft RAK gemäß § 62 Abs. 1 BRAO berühre daher nicht die durch Art. 9 Abs. 1 GG geschützte Vereinsfreiheit.

Pflichtmitgliedschaft tangiert das Recht auf allgemeine Handlungsfreiheit

Die gesetzlich angeordnete Mitgliedschaft in der RAK tangiert nach der Entscheidung des AGH den Kläger allerdings in seiner durch die Verfassung geschützten allgemeinen Handlungsfreiheit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG. Nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG sei die Verfassungsmäßigkeit der Errichtung eines öffentlich-rechtlichen Verbandes mit Zwangsmitgliedschaft in Bezug auf die allgemeine Handlungsfreiheit an der Frage zu messen, ob der Verband legitime öffentliche Aufgaben erfüllt (BVerfG, Beschluss v. 18.1.1974, 1 BvR 430/65).

Ziel ist die Gewährung einer ordnungsgemäßen Rechtspflege

Die Mitgliedschaft nicht anwaltlicher Geschäftsführungsorgane einer berufsübergreifenden Sozietät in der zuständigen RAK hat der Gesetzgeber nach Auffassung des AGH aus gutem Grund angeordnet. Nur auf diese Weise sei eine effektive Aufsicht und Kontrolle der Einhaltung der anwaltlichen Berufsregeln durch die Kammer gewährleistet. Diese Aufsicht sei Voraussetzung für die Gewähr einer Rechtspflege, die dem Gemeinwohl dient. Andernfalls wären nichtanwaltliche Gesellschafter zur Einhaltung der anwaltlichen Berufspflichten ausschließlich nach § 59d Abs. 1 BRAO verpflichtet. Im Falle einer Missachtung wären Sanktionen durch die RAK nur eingeschränkt möglich. Die Abwendung der hiermit gebundenen Gefahren und Schäden für die Rechtspflege seien das legitime Ziel der gesetzlichen Regelung.

Pflichtmitgliedschaft verstößt nicht gegen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz

Nach Auffassung des AGH ist die gesetzliche Regelung zur Abwendung möglicher Gefahren für die Rechtspflege und damit für die Allgemeinheit auch geeignet, erforderlich und verhältnismäßig. Geschäftsführungsorgane einer Berufsausübungsgesellschaft hätten eine herausgehobene Stellung innerhalb der Gesellschaft und verträten diese nach außen. Die gesetzliche Regelung des § 60 Abs. 2 Nr. 3 BRAO gewährleiste, dass auch nicht anwaltliche Geschäftsführungsorgane einer Berufsausübungsgesellschaft den anwaltlichen Mitgliedschaftspflichten unterlägen. Dies könne nur durch eine effektive Aufsicht der zuständigen Rechtsanwaltskammer sichergestellt werden.

Klage abgewiesen

Die Klage des Steuerberaters gegen seine Mitgliedschaft in der RAK hatte somit in keinem Punkt Erfolg.

(AGH Bayern, Urteil v. 25.7.2023, BayAGH III - 4-5/23)


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