AGH bestätigt Rechtmäßigkeit der Zwangsgeldfestsetzung bei ignorierter Kammeranfrage
Rechtsanwälte dürfen Aufforderungen der Anwaltskammern, zu einer Beschwerde Stellung zu nehmen, nicht unbeantwortet lassen. Steht ihnen im konkreten Fall ein Auskunftsverweigerungsrecht zu, müssen sie sich ausdrücklich darauf berufen. Andernfalls ist die Festsetzung eines Zwangsgeldes durch die zuständige Rechtsanwaltskammer rechtmäßig.
Vorwurf des Verstoßes gegen das anwaltliche Standesrecht
Der nordrhein-westfälische Anwaltsgerichtshof (AGH) hatte über die Rechtmäßigkeit einer Zwangsgeldfestsetzung der örtlichen RAK gegen einen Rechtsanwalt zu entscheiden. Die RAK hatte den Rechtsanwalt aufgefordert, zu einer gegen ihn gerichteten Beschwerde Stellung zu nehmen. Der Beschwerdeführer hatte dem Rechtsanwalt vorgeworfen, im Rahmen eines von ihm eingeleiteten Antragsverfahrens auf Bestellung eines Betreuers für eine bestimmte Person unwahre Tatsachenbehauptungen und verleumderische Unterstellungen aufgestellt und damit in eklatanter Weise gegen das anwaltliche Berufsrecht verstoßen zu haben.
Anwalt ignorierte Aufforderungen der Kammer zur Stellungnahme
Die örtliche RAK war der Auffassung, dass dem Anwalt nach dem vorgetragenen Sachverhalt allenfalls ein Verstoß gegen das anwaltliche Sachlichkeitsgebot gem. § 43a Abs. 3 BRAO vorgeworfen werden könne und teilte dies dem Beschwerdeführer mit. Die auf Antrag des Beschwerdeführers eingeschaltete Aufsichtsabteilung der Kammer forderte den Anwalt darauf hin zweimal vergeblich zur Stellungnahme zu der eingereichten Beschwerde auf, wies ihn gleichzeitig auf sein Auskunftsverweigerungsrecht gem. § 56 Abs. 1 Satz 2 BRAO hin sowie darauf, dass er sich ggf. auf das Auskunftsverweigerungsrecht ausdrücklich berufen müsse.
Fristsetzung unter Zwangsgeldandrohung
Daraufhin drohte die beklagte Kammer dem Anwalt ein Zwangsgeld in Höhe von 500 EUR gem. § 57 Abs. 2 BRAO und setzte ihm eine nochmalige Frist von 2 Wochen zur Stellungnahme. Nach Ablauf der Frist stellte sie dem Anwalt für das Zwangsgeldverfahren eine Gebühr in Höhe von 150 EUR in Rechnung und setzte das angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 500 EUR fest.
Anwalt klagte gegen Gebühren- und Zwangsgeldfestsetzung
Sowohl gegen die Zwangsgeld- als auch gegen die Gebührenfestsetzung klagte der Anwalt beim AGH. Dieser wies die Klage in beiden Punkten ab. Das Zwangsgeld und die Verwaltungsgebühr seien zu Recht festgesetzt worden, weil der Anwalt seiner Mitwirkungspflicht in einem gegen ihn geführten Aufsichts- und Beschwerdeverfahren nicht nachgekommen sei.
Auskunftspflicht verletzt
Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 BRAO habe der Rechtsanwalt dem Vorstand der Anwaltskammer oder einem beauftragten Mitglied des Vorstandes auf Verlangen Auskunft zu erteilen und ggf. seine Handakten vorzulegen. Komme er dieser Verpflichtung nicht nach, so könne der Vorstand gem. § 57 Abs. 1 Satz 1 BRAO ein Zwangsgeld festsetzen (AGH Hamm, Beschluss v. 2.12.2022, 2 AGH 4/22). Dies gelte auch dann, wenn zugunsten des Anwalts ein Auskunftsverweigerungsrecht besteht, er sich aber nicht ausdrücklich hierauf beruft. Lasse der Anwalt eine Kammeranfrage einfach unbeantwortet, handle er pflichtwidrig (AGH Celle, Beschluss v. 28.4.2022, AGH 2/22).
Zwangsgeldfestsetzung war rechtmäßig
An diesem Ergebnis ändert es nach der Entscheidung des AGH nichts, dass der Kläger in seiner Klageschrift später konkludent sein Aussageverweigerungsrecht geltend gemacht hatte. Damit habe sich möglicherweise die Vollstreckung des Zwangsgeldes erledigt. Dies ändere aber nichts daran, dass die Festsetzung des Zwangsgeldes ursprünglich rechtmäßig erfolgt sei.
Anwalt muss die Verfahrensgebühr zahlen
Damit war nach Auffassung des AGH auch der Gebührenbescheid hinsichtlich des eingeleiteten Zwangsgeldverfahrens rechtmäßig. Die Fälligkeit der Gebühr trete gem. §§ 3, 5 der einschlägigen Gebührenordnung der beklagten Kammer für Berufsaufsichts- und Zwangsgeldverfahren bereits mit der Zustellung des Bescheides über die Androhung eines Zwangsgeldes ein. Anhaltspunkte dafür, dass die Androhung des Zwangsgeldes unrechtmäßig gewesen sei und der Androhungsbescheid zurückgenommen werden müsste, seien nicht zu erkennen. Der Anwalt habe sich auf sein Aussageverweigerungsrecht schuldhaft erst nach der Entscheidung der RAK über das Zwangsgeld berufen (AGH Hamm, Urteil v. 29 10. 2021 1 AGH 20/21).
Klage in vollem Umfang abgewiesen
Der Klage des Anwalts gegen die erlassenen Bescheide blieb also in jeder Hinsicht der Erfolg versagt.
(AGH NRW, Urteil v. 21.6.2024, 1 AGH 13/24)
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