Entscheidungsstichwort (Thema)
5-jährige Wartefrist für OLG-Rechtsanwaltszulassung auch für ehemalige Richter
Leitsatz (amtlich)
Nach Wegfall der Singularzulassung gilt § 226 Absatz 2 BRAO nunmehr für alle Bundesländer mit der Folge, dass die dort vorgeschriebene fünfjährige Wartefrist für die gleichzeitige Zulassung beim LG und beim übergeordneten OLG ausnahmslos gilt. Die Vorschrift des § 20 Absatz 1 Nr. 2 BRAO, wonach die Rechtsanwaltskammern nach pflichtgemäßem Ermessen einen Rechtsanwalt auch ohne vorherige fünfjährige Tätigkeit bei einem Land- oder AG zulassen konnten, ist im Bereich des § 226 Absatz 2 BRAO nicht mehr anwendbar.
Tenor
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Antragsteller auferlegt.
Der Streitwert wird auf 10.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Der Antragsteller begehrt die weitere lokale Zulassung bei dem Schleswig-Holsteinischen OLG gem. § 19 Abs. 1 BRAO.
Er ist am 20.1.1936 geboren und hat nach dem Abitur am 2.3.1956 die Erste juristische Staatsprüfung am 9.2.1965 und die Große juristische Staatsprüfung vor dem gemeinsamen Prüfungsamt in Hamburg am 8.11.1968 mit "vollbefriedigend" (Bl. 7 Personalakte = PA) abgelegt. Vom 2.1.1969 bis zum 27.1.1969 war er als Rechtsanwalt beim AG Pinneberg und dem LG Itzehoe zugelassen (Bl. 14, 18 PA RAK Hamburg). Seit dem 28.3.1969 war er Gerichtsassessor bei dem LG Hamburg, seit dem 6.12.1971 Landgerichtsrat am selben Gericht. In der Zeit vom 19.3.1979 bis 16.9.1979 war er abgeordneter Richter am OLG Hamburg. Am 18.3.1980 wurde er zum Vors. Richter am LG Hamburg ernannt. Seit 1983 war er bis zu seiner Pensionierung Vorsitzender der Zivilkammer 2 des LG Hamburg, einer Zivilkammer, die zur Hälfte allgemeine Berufungskammer war und zur anderen Hälfte Spezialkammer für Internationales Recht mit erst- und zweitinstanzlicher Zuständigkeit, einer Zuständigkeit, die nunmehr auf die OLG teilweise verlagert worden ist. Mit Wirkung ab dem 31.1.2001 wurde er nach Erreichen der Altersgrenze in den Ruhestand versetzt. Neben seiner hauptberuflichen Tätigkeit war er seit dem 24.1.1975 Mitglied des Justizprüfungsamtes beim OLG Hamburg, in der Zeit vom 1.1.1977 bis zum 31.3.1979 war er Referent im Gemeinsamen Prüfungsamt Hamburg, ab dem 25.5.1981 war er Mitglied des Gemeinsamen Prüfungsamtes in Hamburg. Seit dem 24.6.1971 war er zunächst Berater und seit dem 1.1.1976 Vorsitzender der Öffentlichen Rechtsauskunfts- und Vergleichsstelle Hamburg (Bl. 5 PA). Seit dem 14.3.2001 ist er zur Rechtsanwaltschaft beim AG Pinneberg und LG Itzehoe zugelassen (Bl. 23 PA).
Mit Schreiben vom 8.7.2002 (Bl. 56 PA) beantragte der Antragsteller die Zulassung zum OLG Schleswig unter Hinweis darauf, dass zwar die formalen Voraussetzungen der Mindestzulassungszeit als Rechtsanwalt zum OLG noch nicht vorlägen, er jedoch mit Rücksicht auf seine "Ersatzzeiten als Richter am LG Hamburg" beantrage, davon abzusehen. Mit Schreiben vom 15.7.2002 (Bl. 60 PA) wies die Antragsgegnerin darauf hin, dass angesichts des eindeutigen Wortlauts des § 20 Abs. 1 Nr. 2 BRAO es dem Vorstand der Rechtsanwaltskammer nicht möglich sei - ungeachtet der unbestrittenen persönlichen Qualifikationen des Antragstellers aufgrund seiner langjährigen richterlichen Tätigkeit - diese Berufszeiten ersatzweise für die regelmäßige Wartefrist des § 20 Abs. 1 Nr. 2 BRAO heranzuziehen. Mit Schreiben vom 19.7.2002 (Bl. 81 PA) bat der Antragsteller um Erlass eines rechtsmittelfähigen Bescheides unter Hinweis darauf, dass die Antragstellerin ihren Ermessensspielraum missbraucht habe. Mit Rücksicht auf die Ausführungen der Antragsgegnerin in dem oben genannten Schreiben lege er nunmehr den Schwerpunkt auf seine Tätigkeit als "Vorsitzender der Öffentlichen Rechtsauskunfts- und Vergleichsstelle Hamburg". Seine über 30jährige Tätigkeit für diese Organisation reiche zweifelsfrei als Ersatzzeit für eine fünfjährige Anwaltstätigkeit aus.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 21.8.2002 (Bl. 88 PA) hat die Antragsgegnerin den Antrag auf weitere lokale Zulassung gem. §§ 20 Abs. 1 Nr. 2, 19 Abs. 3 BRAO abgelehnt. Der Gesetzeswortlaut des § 20 Abs. 1 Nr. 2 BRAO stelle auf die vorhergehende anwaltliche Tätigkeit vor Zulassung zum OLG ab. Anwaltliche Tätigkeiten dürfe nur derjenige erbringen, der formell zur Rechtsanwaltschaft zugelassen sei. Der Antragsteller habe aber die von ihm vorgetragenen Tätigkeiten, die ihn seiner Auffassung nach für eine vorzeitig örtliche Zulassung prädestinierten, nicht in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt erbracht. Es handele sich vielmehr um anderweitige qualifizierte juristische Befassung mit Gesetzgebung usw. Angesichts des eindeutigen Wortlauts des § 20 Abs. 1 Nr. 2 BRAO sei es dem Vorstand der Antragsgegnerin im Wege einer erweiterten Auslegung nicht möglich, die von dem Antragsteller ersatzweise angegebenen Tätigkeiten für die Erfüllung der regelmäßigen Wartefrist heranzuziehen.
Gegen diesen ihm am 26.8.2002 zugestellten (Bl. 89 PA) Bescheid wendet sich der Antragstell...