Leitsatz
Fällt der Ablauf der Frist für die Beantragung einer Steuervergütung mit dem Ablauf der Festsetzungsfrist zusammen und wird ein entsprechender Antrag erst nach Ablauf der Festsetzungsfrist und damit nach dem Erlöschen des Vergütungsanspruchs gestellt, kommt eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 110 Abs. 1 AO mit der Folge einer rückwirkenden Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 3 AO nicht in Betracht.
Normenkette
§ 10 Abs. 1 StromStG, § 18 Abs. 1 StromStV, § 110 Abs. 1, § 171 Abs. 3, § 47 AO
Sachverhalt
Ein Antrag auf Gewährung einer Stromsteuervergütung nach § 10 Abs. 1 StromStG für das Vorjahr war rechtzeitig vor Weihnachten zur Post gegeben worden, jedoch in dem betreffenden Jahr nicht mehr beim HZA eingegangen.
Trotz des deswegen gestellten Wiedereinsetzungsantrags wies das HZA den Vergütungsantrag mit dem Hinweis ab, dass der Antrag bis zum 31. Dezember hätte gestellt werden müssen.
Entscheidung
Der Antrag ist verspätet gestellt worden und keine Wiedereinsetzung möglich.
Hinweis
Für eine Festsetzung von Steuervergütungen sind die für die Steuerfestsetzung geltenden Vorschriften sinngemäß anzuwenden (§ 155 Abs. 4 AO). Die Gewährung einer Steuervergütung ist folglich nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Diese beträgt für Verbrauchsteuern wie die Stromsteuer nur ein Jahr (§ 169 Abs. 2 Nr. 1 AO). Wird der für die Gewährung einer Steuervergütung erforderliche Antrag nicht gestellt, so erfüllt dies auch nicht etwa den Tatbestand des § 170 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AO oder des § 170 Abs. 3 AO; der Fristenlauf wird also nicht hinausgeschoben, bis der Vergütungsantrag tatsächlich gestellt wird!
Kann aber unter Umständen Wiedereinsetzung in die Frist für die Stellung des Antrags gewährt werden, wenn diese Frist schuldlos versäumt worden ist? Und hat das dann gem. § 171 Abs. 3 AO die Folge, dass die Festsetzungsverjährung als nicht eingetreten gilt? Diese im Schrifttum nicht ganz unstrittige Frage hat der BFH verneint: Es gibt keine Wiedereinsetzung in eine abgelaufene Festsetzungsfrist! Und eine etwaige Widereinsetzung in die Frist für den Vergütungsantrag hätte jedenfalls nicht die Folge, dass die Festsetzungsfrist als noch nicht abgelaufen gilt, die Wiedereinsetzung in die Antragsfrist also Wiedereinsetzung in die Festsetzungsfrist bedeutet.
Die logisch freilich vorrangige Frage, ob überhaupt Wiedereinsetzung in die Antragsfrist des § 18 Abs. 1 StromStV deren rechtlicher Natur nach (also ungeachtet etwaiger Folgen für die Festsetzungsfrist) gewährt werden kann – nur dann wäre der Antrag als rechtzeitig gestellt zu behandeln und in der weiteren Folge möglicherweise gleichsam fiktiv Festsetzungsverjährung noch nicht eingetreten –, hat der BFH erwähnt, aber offenbar nicht beantworten wollen. Sie wäre gewiss zu verneinen: Nicht jede gesetzliche Frist, die dem Steuerpflichtigen für Anträge und dgl. gesetzt ist, ist nämlich "wiedereinsetzungsfähig". Vielmehr gibt es bekanntlich sog. materiell-rechtliche Ausschlussfristen (bekanntestes Beispiel: Jahresfrist für einen Wiedereinsetzungsantrag); das sind solche, die nicht z.B. lediglich ein Verfahren beschleunigen sollen, sondern deren Sinn und Zweck gerade darin besteht, endgültig Rechtsklarheit und -frieden zu schaffen, indem sie vorschreiben, dass ein Anspruch innerhalb einer bestimmten Zeitspanne geltend gemacht werden muss und sonst erlischt. Bei Versäumung solcher Fristen kann keine Wiedereinsetzung gewährt werden! Und § 18 Abs. 1 StromStV normiert eine solche Frist.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 24.01.2008, VII R 3/07