Leitsatz
Die Veräußerung eines mit Hallen bebauten Grundstücks, das (im Rahmen einer umsatzsteuerrechtlichen Organschaft) vom Besitzunternehmen an das Betriebsunternehmen vermietet war und durch ein anderes Betriebsgrundstück ersetzt wurde, ist Veräußerung eines einzelnen Anlagegegenstands und keine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung. Das Hallengrundstück für sich ist kein fortführbarer Betrieb.
Normenkette
§ 1 Abs. 1a UStG , § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG , § 4 Abs. 9 Buchst. a , § 9 UStG , § 15a UStG , Art. 5 Abs. 8 der 6. EG-RL
Sachverhalt
Der Kläger hatte nach Errichtung einer Halle sein Grundstück an "seine" GmbH für deren Betrieb vermietet (Betriebsaufspaltung und umsatzsteuerrechtliche Organschaft). Die GmbH verlagerte den Betrieb auf ein anderes, ebenfalls dem Kläger gehörendes, von ihm neu bebautes Grundstück. Nach Verlagerung des Betriebs der GmbH veräußerte der Kläger das alte Hallengrundstück.
Der Kläger behandelte die Veräußerung als nicht steuerbare Geschäftsveräußerung; nicht aber das FA, das die bisher für den Bau auf dem alten Grundstück berücksichtigten Vorsteuerbeträge berichtigte (§ 15a UStG). Die Klage hatte keinen Erfolg (EFG 2003, 125).
Entscheidung
Der BFH hielt die Revision für unbegründet; denn im Zeitpunkt der Grundstückslieferung konnte der Erwerber keinen Betrieb "fortführen", denn das bisher nicht vermietete, sondern nur für eigene Zwecke genutzte Grundstück stand unbenutzt leer und stellte deshalb – nicht anders als andere nicht mehr gebrauchte Produktionsanlagen – keinen selbstständigen Unternehmensteil dar.
Eine Vermietungstätigkeit ging deshalb – entgegen der Auffassung des Klägers – nicht mit der Veräußerung des Grundstücks auf den Erwerber über.
Ob die von vornherein geplante Veräußerung eines als Vermietungsobjekt konzipierten Gebäudes als Geschäftsveräußerung beurteilt werden könnte, ist zweifelhaft; nicht zweifelhaft ist aber, dass die Veräußerung eines vermieteten Grundstücks an einen Erwerber, der die Vermietungstätigkeit fortsetzt, nach § 1 Abs. 1a UStG nicht steuerbar ist.
Hinweis
Dass die Veräußerung eines vermieteten Grundstücks eine "Geschäftsveräußerung" nach § 1 Abs. 1a UStG sein kann, mit der Folge, dass dieser Umsatz nicht als "Verwendungsumsatz" (§ 15a UStG: Vorsteuerkorrektur!) beurteilt werden kann, hatte der BFH bereits angedeutet. Um Fehler zu vermeiden, müssen jedoch die Voraussetzungen beachtet werden.
1. Zur Auslegung des § 1 Abs. 1a UStG sind nicht die Auslegungsgrundsätze zu § 75 Abs. 1 der AO maßgebend, auch wenn die hier streitigen Begriffe in beiden Vorschriften sich im Wesentlichen decken.
2. Die Kriterien des nationalen Steuerrechts sind nicht maßgebend. Zu berücksichtigen ist die Regelung der Richtlinie (Art. 5 Abs. 8 der 6. EG-RL); der Grundsatz der Nicht-Lieferung nach Art. 5 Abs. 8 der 6. EG-RL ist ein autonomer gemeinschaftsrechtlicher Begriff (EuGH, Urteil vom 27.11.2003, Rs. C-497/01 – Zita Modes Sàrl – [BFH-PR 2004, 73]).
3. Art. 5 Abs. 8 der 6. EG-RL stellt auf die "Übertragung des Gesamtvermögens oder eines Teilvermögens" ab. Der Begriff Übertragung des Gesamtvermögens oder eines Teilvermögens ist – so EuGH in Zita Modes – dahin auszulegen, dass er die Übertragung eines Geschäftsbetriebs oder eines selbstständigen Unternehmensteils erfasst, "die jeweils materielle und ggf. immaterielle Bestandteile umfassen, die zusammengenommen ein Unternehmen oder einen Unternehmensteil bilden, mit dem eine selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit fortgeführt werden kann; er schließt jedoch nicht die bloße Übertragung von Gegenständen wie den Verkauf einen Warenbestands ein".
Art. 5 Abs. 8 der 6. EG-RL umfasst nur diejenigen Übertragungen, bei denen der Begünstigte beabsichtigt, den übertragenen Geschäftsbetrieb oder Unternehmensteil zu betreiben und nicht nur die betreffende Geschäftstätigkeit sofort abzuwickeln sowie ggf. den Warenbestand zu verkaufen. Es muss mindestens ein "fortführbarer" selbstständiger Unternehmen?teil übertragen werden, der vom Erwerber fortgeführt werden kann und soll.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 18.1.2005, V R 53/02