Leitsatz
Kapital, das in einem Schneeballsystem verloren wurde, kann wegen der Teilnahme an Verlusten des stillen Gesellschafters als zusätzliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abgezogen werden. Die Vollziehung der Einkommensteuerbescheide ist daher soweit auszusetzen, wie sich aus der Berücksichtigung von zusätzlichen Werbungskosten für Einnahmen aus Kapitalvermögen sowie durch Rücktrag des verbleibenden Verlustes eine Minderung der Einkommensteuer ergibt.
Sachverhalt
Der Antragsteller zeichnete über mehrere Jahre hinweg Anlagen bei einem betrügerischen Kapitalanlagevermittler in beachtlicher Höhe. Der Kapitalvermittler zahlte die vereinnahmten Anlagegelder im Rahmen eines Schneeballsystems als Rendite an andere Anleger aus. Die gutgeschriebenen Erträge des Antragstellers wurden tatsächlich nur zu einem geringen Teil ausgezahlt. Die nichtausgezahlten Erträge wurden als zusätzliches Anlagekapital überlassen. Die gutgeschriebenen Erträge in den einzelnen Veranlagungszeiträumen erfasste der Antragsgegner, das Finanzamt, als Einkünfte aus Kapitalvermögen. Der Antragsteller legte hiergegen jeweils Einspruch ein. Über diese Einsprüche ist noch nicht entschieden. Den Anträgen auf Aussetzung der Vollziehung folgte der Antragsgegner dahingehend, dass er die Vollziehung der Einkommensteuerbescheide in Höhe der Steuer aussetzte, die auf die Besteuerung der an den Antragsteller nicht ausgezahlten Erträge entfiel. Eine weitergehende Aussetzung wurde abgelehnt. Mit dem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung bei Gericht verfolgt der Antragsteller sein Begehren weiter.
Entscheidung
Nach dem Beschluss des Gerichts bestehen bei summarischer Prüfung ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Einkommensteuerbescheide, soweit Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen wegen des laufenden Verlustes aus der Beteiligung des Antragstellers nicht berücksichtigt wurden. Maßgeblich für die steuerliche Beurteilung sei die tatsächlich verwirklichte Gestaltung (§ 41 Abs. 2 AO). Das Gericht unterstellte im summarischen Verfahren zugunsten des Antragstellers eine stille Beteiligung statt der beabsichtigten Treuhandschaft und damit Einkünfte aus Kapitalvermögen als stiller Gesellschafter (§ 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG). Anteile an den laufenden Verlusten aus einer typisch stillen Beteiligung können bis zur Höhe der Einlage als Werbungskosten berücksichtigt werden. Im Aussetzungsverfahren ging das Gericht davon aus, dass zuzurechnende Verluste in Höhe der Einlage zu berücksichtigen seien.
Hinweis
Nicht zu Werbungskosten bei den Einkünften eines stillen Gesellschafters führt ein Verlust der Einlage infolge Insolvenz des Geschäftsinhabers.
Link zur Entscheidung
FG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 06.08.2003, 2 V 1324/03