Dipl.-Finw. (FH) Anna M. Nolte
Für die Annahme eines Steuerstundungsmodells i. S. d. § 15b Abs. 1 EStG ist Voraussetzung, dass auf ein vorgefertigtes Konzept i. S. d. § 15b Abs. 2 Satz 2 EStG zurückgegriffen wird. Das bloße Aufgreifen einer bekannten Gestaltungsidee führt nicht ohne Weiteres zur Annahme eines Steuerstundungsmodells. Um ein vorgefertigtes Konzept handelt es sich auch, wenn die positiven Einkünfte nicht der tariflichen Einkommensteuer unterliegen. Weitere Voraussetzung ist, dass für das Erreichen von Steuervorteilen durch die Erzielung negativer Einkünfte geworben wird. Die Regelung wurde hauptsächlich für geschlossene Fonds in Form von Personengesellschaften (meistens GmbH & Co. KG) geschaffen. Solche typischen Steuerstundungsmodelle sind z. B. Medienfonds, Games-Fonds (Herstellung und Vermarktung von Computer- und Videospielen), Wertpapierhandelsfonds (hier insbesondere Handel mit Wertpapieren unter Anwendung der Einnahmenüberschussrechnung), geschlossene Immobilienfonds, New Energy Fonds (Errichtung und Betrieb von Windkraftanlagen, Solarenergieanlagen, Biomasse- und Biogasanlagen) sowie nicht renditeorientierte Schifffonds. Ab dem VZ 2022 sind auch Kapitalgesellschaften von der Regelung betroffen. § 15b EStG gilt nicht für Anlaufverluste von Existenz- oder Firmengründern.
§ 15b EStG erstreckt sich auf sämtliche Verluste aus diesem Steuerstundungsmodell, unabhängig davon, ob es sich um Gesamthands- oder um Sonder(betriebs)vermögen handelt. Auch nicht modellhafte Sonderbetriebsausgaben oder Sondererwerbskosten sowie nicht prognostizierte Aufwendungen, wie z. B. unerwarteter Erhaltungsaufwand, fallen darunter.
Negative Zwischengewinne sind grundsätzlich keine Verluste i. S. d. § 15b Abs. 1 EStG i. V. m. § 20 Abs. 7 EStG. Zwar können auch negative Einnahmen aufgrund von Zwischengewinnen zu negativen Einkünften führen. Sie stellen jedoch regelmäßig keine Aufwendungen zur Erzielung unangemessener steuerlicher Verluste in Form von negativen Kapitaleinkünften dar.
Für Schifffonds gilt eine Sonderregelung: Verluste i. S. d. § 15b EStG können nicht mit Gewinnen i. S. d. § 5a Abs. 1 EStG verrechnet werden.
§ 15b EStG gilt ebenfalls, wenn in bestimmten Fällen ein Verlust aus Gewerbebetrieb entsteht oder ein bestehender Verlust sich erhöht, indem ein Steuerpflichtiger, der nicht aufgrund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet ist, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, nach dem 28.11.2013 Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens anschafft, herstellt oder in das Betriebsvermögen einlegt. Das Verrechnungsverbot gilt für die dadurch getätigten sofort abziehbaren Betriebsausgaben, wenn die Übereignung dieser Wirtschaftsgüter ohne körperliche Übergabe durch Besitzkonstitut nach § 930 BGB oder durch Abtretung des Herausgabeanspruchs nach § 931 BGB erfolgt.
§ 15b EStG gilt sinngemäß auch in Fällen des Progressionsvorbehalts nach § 32b EStG.
Rückwirkung
Der BFH hat entschieden, dass §§ 15b, 20 Abs. 2b Satz 1 EStG i. V. m. § 52 Abs. 37d Satz 1 EStG i. d. F. des JStG 2007 eine zulässige unechte Rückwirkung beinhalten, soweit danach im Jahr 2006 entstandene negative Einkünfte aus Kapitalvermögen aus einem Steuerstundungsmodell, das der Steuerpflichtige am 20.12.2005 gezeichnet hat, der Verlustverrechnungsbeschränkung des § 15b EStG unterliegen.