Leitsatz

Allein aufgrund der Umwandlung der Rechtsstellung eines Kommanditisten in diejenige eines unbeschränkt haftenden Gesellschafters ist der für ihn bisher festgestellte verrechenbare Verlust (§ 15a Abs. 4 EStG) nicht in einen ausgleichsfähigen Verlust umzuqualifizieren.

 

Normenkette

§ 15a Abs. 1, 2, 4 EStG

 

Sachverhalt

Der Kläger war bis einschließlich 1996 Kommanditist der L-KG. Mit Wirkung ab dem 1.1.1997 wurde die KG in eine OHG umgewandelt. Der Kläger blieb Gesellschafter der OHG.

1997 erzielte die OHG einen Gewinn, den das FA mit verrechenbaren Verlusten aus den Vorjahren saldierte. Dem Antrag der OHG, auch den darüber hinaus gehenden verrechenbaren Verlust wegen der nunmehr unbeschränkten Haftung aller Gesellschafter in einen ausgleichsfähigen Verlust umzuqualifizieren, folgte das FA nicht.

Das FG gab der Klage statt, weil der Kläger zivilrechtlich infolge der Beteiligungsumwandlung für alle (auch frühere) Gesellschaftsschulden unbeschränkt hafte und deshalb in vollem Umfang wirtschaftlich belastet sei (EFG 2002, 1035).

 

Entscheidung

Der BFH hob das Urteil auf und wies die Klage ab. Die Bestandskraft des Feststellungsbescheids nach § 15 Abs. 4 EStG zum 31.12.1996 hindere die Prüfung nicht, ob die Beteiligungsumwandlung eine Umqualifizierung der verrechenbaren in ausgleichsfähige Verluste zur Folge habe. Insoweit sei eine Gesetzeslücke zu schließen.

Dabei sei zu berücksichtigen, dass es zwar der Zweck des § 15a EStG sei, den steuerrechtlichen Verlustausgleich eines beschränkt haftenden Gesellschafters am zivilrechtlichen Haftungsumfang zu orientieren, dass der Verlustausgleich aber nach der typisierenden Regelung des § 15a Abs. 1 EStG nur bei einer Eintragung der die Einlage übersteigenden Haftung ins Handelsregister erweitert sei. Werde diese Haftung nachträglich erweitert, gelte für sie nichts anderes als für die nachträgliche Einlage; wie diese ändere auch die Haftungserweiterung an der bisherigen Qualifizierung der Verluste als lediglich verrechenbare Verluste nichts.

 

Hinweis

§ 15a EStG enthält zum Statuswechsel vom Kommanditisten zum persönlich haftenden Gesellschafter (Streitfall) – wie auch für den Statuswechsel vom persönlich haftenden Gesellschafter zum Kommanditisten (vgl. dazu BFH, Urteil vom 14.10.2003, VIII R 81/02, BFH-PR 2004, 56) – keine Regelung.

Anders als im Fall VIII R 81/02 war im vorliegenden Fall aber nicht die Frage zu entscheiden, ob die Verluste des Wirtschaftsjahrs der Beteiligungsumwandlung pro rata temporis aufzuteilen sind (weil die Umwandlung nicht während des Jahres erfolgte), sondern die Frage, ob die mit der Umwandlung zum Jahresanfang begründete unbeschränkte persönliche Haftung des Gesellschafters zu einer Umqualifizierung der für frühere Jahre als lediglich verrechenbar festgestellten Verluste in ausgleichsfähige Verluste führt. Auch auf diese Frage gibt das Gesetz keine Antwort.

Mit dieser Frage hat sich der BFH aber in anderem Zusammenhang bereits befasst. In seinen Urteilen vom 14.12.1995, IV R 106/94, BStBl II 1996, 226 und vom 16.5.2002, IV R 58/00, BFH-PR 2002, 409 hat er entschieden, dass sog. nachträgliche Einlagen – in einem dem Verlustjahr folgenden Wirtschaftsjahr – keine rückwirkende Umqualifizierung als verrechenbar festgestellter in ausgleichsfähige Verluste zur Folge hat. Einlagen können nur Verluste kompensieren, die im Jahr der Einlage oder in einem späteren Jahr entstanden sind. Was aber für die nachträgliche Einlage gilt, muss auch für die nachträgliche Haftungserweiterung gelten.

Dieses Ergebnis wird durch die Ausführungen im Urteil vom 14.10.2003, VIII R 81/02 bestätigt. Auch der Statuswechsel vom Kommanditisten zum persönlich haftenden Gesellschafter ist ein (Grenz-)Fall der Haftungserweiterung, der nicht zu einem "erweiterten Verlustausgleich" durch Umqualifizierung früher festgestellter verrechenbarer Verluste führt. Für den Fall der Statusänderung vom persönlich haftenden Gesellschafter zum Kommanditisten stellt sich diese Frage nicht; die damit verbundene Haftungsbeschränkung hat nicht zur Folge, dass ausgleichsfähige (vorgetragene) Verluste aus früheren Jahren nachträglich zu verrechenbaren werden.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 14.10.2003, VIII R 38/02

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Finance Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge