Dipl.-Finanzwirt Bernhard Paus
Leitsatz
Verluste aufgrund von Sonderabschreibungen können den Gesellschaftern eines geschlossenen Immobilienfonds unabhängig vom Datum des Beitritts nach dem Verhältnis der Kommanditeinlagen zugewiesen werden. Gedanklich entsteht der Aufwand bei Sonderabschreibungen erst in der letzten Sekunde vor Ende des Wirtschaftsjahres.
Sachverhalt
Einem geschlossenen Immobilienfonds in der Rechtsform einer GmbH & Co KG waren Geldanleger zu verschiedenen Zeitpunkten im Laufe der Jahre 1994 und 1995 beigetreten. Die KG hatte die rechnerischen Verluste dieser beiden Jahre, die im Wesentlichen auf der Inanspruchnahme von Sonderabschreibungen nach dem Fördergebietsgesetz für einen errichteten Gebäudekomplex beruhten, so verteilt, dass allen Anlegern für beide Jahre gemeinsam Verlustanteile entsprechend den vereinbarten Kommanditbeteiligungen zugewiesen wurden. Das FA wollte diese Art der Verlustverteilung nicht anerkennen, weil damit den zuletzt eingetretenen Gesellschaftern wirtschaftlich gesehen auch Anteile an Verlusten zugewiesen würden, die vor ihrem Eintritt enstanden seien. Solche Vereinbarungen sind nach der Rechtsprechung des BFH nicht zulässig. Die Abschreibungen seien als ein laufend entstehender Aufwand anzusehen. Das gelte auch für Sonderabschreibungen.
Entscheidung
Das FG hat der Klage des Immobilienfonds statt gegeben und die von ihm gewählte Verlustzuweisung als zulässig anerkannt. Zwar sei es zutreffend, dass einem neu eintretenden Gesellschafter nicht Aufwendungen zugerechnet werden können, die vor seinem Eintritt bei der Gesellschaft angefallen sind. Dieser Grundsatz greife jedoch nicht für Sonderabschreibungen. Mit Sonderabschreibungen würden im Ergebnis die sonst zulässigen laufenden Abschreibungen vorgezogen, die ohne die Sonderabschreibungen in künftigen Jahren anzusetzen wären. Der Gesellschaft steht ein Wahlrecht zu, ob sie Sonderabschreibungen in Anspruch nehmen will oder nicht. Bei Sonderabschreibungen sei deshalb anzunehmen, dieser Aufwand entstehe erst am Ende des Wirtschaftsjahres. Folglich sei es auch zulässig, diesen Aufwand nach sachgerechten Maßstäben auf alle Gesellschafter zu verteilen, wenn damit erreicht werde, dass jeder Gesellschafter von den insgesamt zulässigen Abschreibungen den Teil in Anspruch nehme, der auf seine Beteiligung entfällt.
Hinweis
Da die Streitfrage in der bisherigen Rechtsprechung des BFH noch nicht eindeutig entschieden worden ist, hat das FG wegen grundsätzlicher Bedeutung die Revision zugelassen. Von dieser Möglichkeit wird das vor dem FG unterlegene Finanzamt mit hoher Wahrscheinlichkeit Gebrauch machen. Die Streitfrage, in welcher Weise Sonderabschreibungen auf die Gesellschafter eines geschlossenen Immobilienfonds verteilt werden dürfen, ist deshalb erst mit der zu erwartenden Entscheidung des BFH endgültig geklärt.
Link zur Entscheidung
FG Berlin, Urteil vom 12.11.2002, 5 K 5449/00