OFD Niedersachsen, Verfügung v. 25.1.2010, G 1450 - 30 - St 252
1. Sachverhalt
Gegenstand einer Erörterung auf Bund-/Länder-Ebene war die Frage, ob ein Unternehmen, das neben seiner Geschäftsleitung in der Gemeinde A in verschiedenen anderen Gemeinden vermietete Objekte (Immobilien) unterhält, in diesen Belegenheitsgemeinden jeweils eine Betriebsstätte unterhält, die im Rahmen der Zerlegung des Gewerbesteuer-Messbetrags zu berücksichtigen sind.
Die Frage wurde diskutiert anhand eines Konzerns, der aus 250 gewerblich geprägten Kommanditgesellschaften besteht. Jede Gesellschaft ist Eigentümerin eines einzigen Gebäudes, das als Kaufhaus, Verbrauchermarkt, Baumarkt usw. von einer konzernzugehörigen Vertriebslinie als Pächterin genutzt wird. Die jeweilige Objektgesellschaft beschäftigt weder am Belegenheitsort des Objektes noch an ihrem Verwaltungssitz eigenes Personal. Statt dessen übernehmen innerhalb eines Konzerns selbstständige Managementgesellschaften im Rahmen einer Geschäftsbesorgung für die jeweilige Objektgesellschaft die Verwaltung des Objektes sowie die kaufmännische Organisation (Buchhaltung, Rechnungswesen) wahr.
Die Objektgesellschaft selbst hat sich allerdings dazu verpflichtet, Reparaturen zur Substanzerhaltung durchzuführen, bei Erweiterungsbauten mitzuwirken und die Mietverträge mit den Haupt- und Drittmietern abzuschließen. Außerdem ist sie berechtigt, die Einhaltung vereinbarter Instandhaltungszyklen und die Auslastung der Verkehrsflächen zu überwachen.
2. Rechtsprechung
Nach dem BFH-Urteil vom 30.8.1960, I B 148/59 U (BStBl 1960 III S. 468) begründet eine verpachtete Betriebsanlage (hier: Immobilie am Belegenheitsort) grundsätzlich keine Betriebsstätte des Verpächters. Eine Betriebsstätte liegt dagegen vor, wenn die Immobilie durch Personal des Überlassenden unterhalten (d.h. erhalten, erneuert oder erweitert) wird und diese Tätigkeit der Verpachtung dient.
Dabei ist es nach der Entscheidung ausreichend, wenn nicht eigenes Personal, sondern beauftragtes Personal (z.B. des Pächters) eingesetzt wird. Der tatsächlich Tätige erfüllt dann regelmäßig den Tatbestand des ständigen Vertreters.
Letzterem steht allerdings das BFH-Urteil vom 13.6.2006, I R 84/05 (BStBl 2007 II S. 94) entgegen. Danach liegt eine betriebsstättenbegründende Tätigkeit des Verpächters bei Einsatz von Fremdpersonal bei der Unterhaltung der Immobilie nur vor, wenn der Verpächter – vor Ort – eigene betriebliche Handlungen vornimmt, die auch in der Überwachung des Fremdpersonals bestehen kann. Diese Überwachungstätigkeit vor Ort muss zusätzlich eine gewisse Nachhaltigkeit aufweisen.
3. Lösung
Nach Auffassung der Sitzungsteilnehmer ist für das Vorliegen einer Betriebsstätte am Belegenheitsort der verpachteten Immobilie damit Voraussetzung, dass
- der gewerbliche Verpächter am Belegenheitsort die Immobilie durch eigenes Personal unterhält oder
- die Unterhaltung durch Fremdpersonal vorgenommen wird, das aber vor Ort nachhaltig überwacht wird.
Sollte im Einzelfall hiernach am Belegenheitsort eine Betriebsstätte begründet sein, ist sie in die Zerlegung einzubeziehen. Maßstab für die Zerlegung ist das Verhältnis der Arbeitslöhne, die in den einzelnen Betriebsstätten (Geschäftsleitungs- und Belegenheitsbetriebsstätten) gezahlt werden.
Entgelte, die an Dritte (Leiharbeiter bzw. Personal des Pächters) entrichtet werden, werden grundsätzlich nicht berücksichtigt. Eine Berücksichtigung kann ausnahmsweise unter Beachtung der Grundsätze des BFH-Urteils vom 12.2.2004, IV R 29/02 (BStBl 2004 II S. 602) in Betracht kommen (hier: Ausschließliches Tätigwerden für den Verpächter, Unterstehen der alleinigen Weisungsbefugnis des Verpächters, Inrechnungstellung der reinen AN-Kosten ohne Verwaltungskosten- und Gewinnaufschlag durch Leiharbeitgeber bzw. Pächter und Fehlen eines eigenen wirtschaftlichen Interesses des Leiharbeitgebers bzw. des Pächters).
Ist dies nicht der Fall, ist der Betriebsstättengemeinde ein Zerlegungsanteil von Null zuzurechnen.
Normenkette
GewStG § 28 ff.