Dipl.-Finanzwirt Werner Becker
Verträge unter Angehörigen sind steuerlich nur anzuerkennen, wenn sie bürgerlich-rechtlich wirksam geschlossen sind und die Gestaltung und Durchführung des Vereinbarten dem zwischen Fremden Üblichen entspricht, sog. Fremdvergleich. Selbst wenn das Mietverhältnis sämtliche Voraussetzungen des Fremdvergleichs erfüllt, kann es gleichwohl im Einzelfall steuerlich nicht anerkannt werden, wenn ein Gestaltungsmissbrauch anzunehmen ist. Dies ist oftmals bei wechselseitigen Vermietungen, sog. Überkreuzvermietungen oder auch "Poolvermietungen", der Fall. Dabei werden allenfalls geringfügig unterschiedliche Wohnungen von 2 Personen, insbesondere nahen Angehörigen oder sich nahestehenden Personen, angeschafft oder hergestellt, um sie sogleich wieder "über Kreuz" dem jeweils anderen in der Weise zu vermieten, dass sich die Vorgänge wirtschaftlich neutralisieren.
Diese Gestaltungen sind regelmäßig dadurch veranlasst, dass die Beteiligten Schuldzinsen und sonstige Aufwendungen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend machen können, die andernfalls bei einer Wohnnutzung der jeweils eigenen Wohnung nicht steuermindernd anzusetzen wären.
Beweislastverteilung zwischen dem Finanzamt und dem Steuerpflichtigen
Dem Finanzamt obliegt in einem ersten Schritt der Nachweis für eine unangemessene rechtliche Gestaltung, die zu einem gesetzlich nicht vorgesehenen Steuervorteil führt. Dabei reicht allein die Behauptung eines Missbrauchs nicht aus, vielmehr muss das Finanzamt den "Missbrauchsvorwurf" begründen. Erst wenn der Nachweis vom Finanzamt erbracht wird, hat der Steuerpflichtige seinerseits den Nachweis für das Vorliegen beachtlicher Gründe zu führen, um den behördlichen "Missbrauchsvorwurf" zu entkräften. Es handelt sich um eine sphärenorientierte Nachweispflicht, weil die Gründe für die Gestaltung in der Sphäre des Steuerpflichtigen liegen und vom Finanzamt vielfach schwierig zu ermitteln sind.
Unentgeltliche Nutzung des Elternhauses
Ein Gestaltungsmissbrauch liegt demgegenüber nicht vor, wenn der Steuerpflichtige sein Haus zu fremdüblichen Bedingungen an seine Eltern vermietet und gleichzeitig selbst ein Haus der Eltern unentgeltlich zu Wohnzwecken nutzt.
Übertragung eines Grundstücks und Rückanmietung
Überträgt der Alleineigentümer von 2 Eigentumswohnungen einem nahen Angehörigen nicht die an diesen vermietete, sondern die von ihm – dem Alleineigentümer – selbstgenutzte Wohnung, stellt das gleichzeitig für diese Wohnung abgeschlossene Mietverhältnis mit dem nahen Angehörigen keinen Gestaltungsmissbrauch dar.
"Stuttgarter Modell"
Ferner stellt das sog. "Stuttgarter Modell" keinen Gestaltungsmissbrauch dar. Dabei überträgt der Eigentümer das Grundstück gegen wiederkehrende Leistungen auf den Vermieter und mietet es zurück.