Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Kommentar
Das BMF-Schreiben ändert Abschn. 4.5.2 Abs. 6 und Abschn. 10.1 Abs. 9 UStAE.
Die Vermittlung von grenzüberschreitenden Personenbeförderungsleistungen im Luftverkehr kann nach § 4 Nr. 5 Satz 1 Buchst. b UStG steuerfrei sein. Dies setzt voraus, dass die Leistung nicht gegenüber dem Reisenden erbracht wird. Damit können regelmäßig nur Vermittlungsleistungen, die gegenüber dem Luftverkehrsunternehmen ausgeführt werden, der Steuerbefreiung unterliegen.
Allerdings hatte sich 2004 eine Änderung der Vergütungsstrukturen dahingehend ergeben, dass die Luftverkehrsunternehmen regelmäßig keine Vermittlungsprovisionen an Reisebüros zahlten (sog. Nullprovisionsmodell). Vermittlungsprovisionen wurden seitdem im Regelfall gegenüber dem Reisenden erhoben (Service-Fee) und unterlagen damit der Umsatzsteuer. Soweit das Reisebüro von dem Luftverkehrsunternehmer trotz Vereinbarung des Nullprovisionsmodells darüber hinaus noch Zahlungen erhält, wurde dies von der Finanzverwaltung als eine Zahlung eines Dritten für eine Leistung gegenüber dem Reisenden angesehen, soweit kein Auftrag zur Vermittlung vorlag. Ggf. konnten Zahlungen auch als Zuschuss angesehen werden. Diese Sichtweise wird von der Finanzverwaltung durch das aktuelle Schreiben relativiert.
Zum 1.1.2013 sind durch Zusatzvereinbarungen zwischen Luftverkehrsunternehmen und Reisebüros die Bedingungen dahingehend angepasst, das durch das Luftverkehrsunternehmen sog. Incentives (z. B. Reisebüro-Boni, Marketingzuschüsse) als Entgelt für besondere Vertriebsleistungen gewährt werden, wenn das Reisebüro die Leistungen des Luftverkehrsunternehmen in besonderem Maß fördert und bei Kundenberatungsgesprächen bevorzugt anbietet. Eine solche Leistung wird nach Auffassung der Finanzverwaltung von dem Reisebüro im Rahmen eines Leistungsaustauschverhältnisses ausgeführt; es liegt eine Vertriebsleistung eigener Art vor, die in der Bevorzugung des Luftverkehrsunternehmens gegenüber Mitbewerbern besteht. Diese Leistung ist – soweit im Inland ausgeführt – steuerbar und steuerpflichtig und unterliegt nicht der Befreiung nach § 4 Nr. 5 Satz 1 Buchst. b UStG.
Soweit diese Art Leistung gegenüber einem Luftverkehrsunternehmen ausgeführt wird, das im Inland weder seinen Sitz noch eine Betriebsstätte unterhält, ist die Leistung nach § 3a Abs. 2 UStG im Ausland erbracht und im Inland nicht steuerbar.
In anderen Fällen der Zahlung durch ein Luftverkehrsunternehmen steht die Vereinbarung des Nullprovisionsmodells grundsätzlich nicht der Annahme einer Vermittlungsleistung entgegen. Erhebt das Reisebüro von dem Kunden eine Vermittlungsgebühr und erhält daneben von dem Luftverkehrsunternehmen auch noch eine Zahlung für die Vermittlung, sind dies getrennte Leistungen; die Leistung gegenüber dem Luftverkehrsunternehmen ist unter den weiteren Voraussetzungen steuerbar aber steuerfrei, die Leistung gegenüber dem Reisenden ist steuerbar und steuerpflichtig.
Es ist damit in jedem Einzelfall zu überprüfen, welche Leistung des Reisebüros mit der Zahlung vergütet wird. Für die Annahme einer steuerfreien Vermittlungsleistung nach § 4 Nr. 5 Satz 1 Buchst. b UStG trägt der leistende Unternehmer die Beweislast.
Konsequenzen für die Praxis
Die Finanzverwaltung relativiert ihre bisherige Rechtsauffassung zu der umsatzsteuerrechtlichen Zahlung von Luftverkehrsunternehmen bei Vereinbarung des sog. Nullprovisionsmodells. Zahlungen des Luftverkehrsunternehmens an ein Reisebüro können trotz dieses Modells und der allgemeinen Vereinbarung, dass keine Vermittlungsleistungen ausgeführt werden, im Einzelfall doch als Vermittlungsleistung angesehen werden. Zahlungen, die nicht mit der konkreten Vermittlung (sog. Incentives) im Zusammenhang stehen, stellen aber Zahlungen für eine Leistung eigener Art dar, die nicht unter § 4 Nr. 5 Satz 1 Buchst. b UStG fällt.
Die Grundsätze sind in allen noch offenen Fällen anzuwenden. Die Finanzverwaltung beanstandet es aber nicht, wenn für vor dem 1.4.2014 ausgeführte Leistungen eines Reisebüros Zahlungen des Luftverkehrsunternehmens noch nach den bisherigen Regelungen erfasst wurden.
Link zur Verwaltungsanweisung
BMF, Schreiben v. 6.2.2014, IV D 2 – S 7200/07/10012, BStBl 2014 I S. 269.