Leitsatz
Das einer unselbständigen Stiftung liechtensteinischen Rechts übertragene, jedoch weiter dem Stifter zuzurechnende Vermögen gehört beim Tode des Stifters zum Erbanfall, wenn die Herrschaftsbefugnisse des Stifters vererblich sind.
Normenkette
§ 1 Abs. 1 Nr. 1, § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 10 Abs. 1 ErbStG, § 1922, § 1942 BGB, Art. 25 Abs. 1 EGBGB, Art. 83 Abs. 1 EuErbVO
Sachverhalt
Der Kläger ist Alleinerbe der im Juli 2009 verstorbenen E. Diese hatte als Stifterin im Jahr 1999 Vermögen auf eine von ihr gegründete Stiftung mit Sitz in Liechtenstein übertragen. Der Stiftungsrat war in vollem Umfang an die Anweisungen der E gebunden. Seinerseits konnte der Stiftungsrat Begünstigte bestimmen, einstimmig die Statuten ändern und die Stiftungen in eine andere Rechtsform umwandeln. In einem Beistatut wurde die E als primär Begünstigten bestimmt. Nach deren Tod war – nach Abzug von Beträgen für den Tierschutz u.a. – Begünstigter für den Rest des Vermögens der Kläger.
Dieser gab nach dem Tod der E eine Erbschaftsteuererklärung ab, mit welcher er auf das Stiftungsvermögen in Liechtenstein hinwies. Der Kläger vertrat allerdings die Auffassung, das Vermögen sei der Stiftung selbst zuzurechnen. Seine – des Klägers – Begünstigung führe nicht zu einem steuerpflichtigen Vorgang gemäß § 1 ErbStG, weil seine Begünstigung nicht von dem Katalog des § 3 ErbStG erfasst werde. Das Vermögen der Stiftung gehöre angesichts der Selbstständigkeit der Rechtsinhaberin nicht zum Nachlass der E.
Die Vorinstanz (FG Münster, Urteil vom 11.12.2014, 3 K 764/12 Erb, Haufe-Index 7667145, EFG 2015, 736) wies die Klage ab. Zur Begründung führte das FG aus, der Tod der E habe an der Durchgriffsmöglichkeit auf das Vermögen der Stiftung nichts geändert, weil E die Stiftung zum Zweck der Steuerhinterziehung und damit missbräuchlich gegründet habe.
Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers, der keine Grundlage dafür sieht, der E bei der Stiftungsgründung eine Steuerhinterziehung zu unterstellen. Der Kläger beantragt, die Erbschaftsteuer ohne Einbeziehung des Stiftungsvermögens i.H.v. ca. 1,2 Mio. EUR festzusetzen.
Entscheidung
Die Revision ist unbegründet; das FG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass das Stiftungsvermögen letztlich der deutschen Erbschaftsteuer unterliegt. Der vom Kläger erworbene Anspruch gegen die Stiftung auf Auskehrung des Vermögens ist Teil seines steuerpflichtigen Erwerbs von Todes wegen.
Der Erbschaftsteuer unterliegt nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 3 ErbStG der Erwerb von Todes wegen. Bei dem Erbanfall mit Auslandsberührung ist zunächst zu entscheiden, welches nationale Recht für den Erbfall maßgebend ist. Vor Inkrafttreten des "Gesetzes zum internationalen Erbrecht u.a." gilt für einen Erbfall aus 2009 das Recht des Staates, dem der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes angehörte. Für 2009 ist auch die "Verordnung (EU) über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht [u.a.] ... in Erbsachen" nicht anwendbar. Erbstatut ist daher im Streitfall das deutsche Recht, da E deutsche Staatsangehörige war. Nach § 1922 i.V.m. § 1942 BGB geht das vererbliche Vermögen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den Erben über; eine wirtschaftliche Betrachtungsweise ist insoweit ausgeschlossen.
Das Vermögen einer intransparenten, d.h. rechtlich selbstständigen Stiftung ist dem Stifter nicht mehr zuzurechnen und kann damit auch nicht mehr der Erbfolge unterliegen. Der Tod des Stifters ist insoweit erbschaftsteuerrechtlich nicht von Bedeutung.
Sind jedoch dem Stifter umfassende Herrschaftsbefugnisse über das Vermögen vorbehalten, so ist dieses weiterhin ihm, dem Stifter, zuzurechnen. Der Stifter kann aufgrund umfassender Befugnisse über das Vermögen der Stiftung als eigenes Vermögen verfügen.
Ob diese Rechte im Zusammenhang mit ausländischen Stiftungen dem Grunde nach vererblich sind, richtet sich allerdings nach dem Personalstatut der Stiftung. Dieses Personalstatut ist im Streitfall das Recht des Fürstentums Liechtenstein. Die Vererblichkeit der Herrschaft über eine transparente Stiftung ist nicht aufgrund der Stiftungsstatuten unmöglich. Die Vererblichkeit dieser Rechte ist im Streitfall des Jahres 2009 auch nicht durch das liechtensteinische "Gesetz über die Abänderung des Personen- und Gesellschaftsrechts" ausgeschlossen.
Damit waren die Herrschaftsrechte der E vererblich und das Vermögen der Stiftung war ihrem Nachlass zuzurechnen. Dieses Vermögen ist im Wege des Erwerbs von Todes wegen auf den Kläger übergegangen. Da somit das Vermögen der Stiftung aufgrund der Gesamtrechtsnachfolge dem Kläger zuzuordnen ist, kann dahin stehen, ob die Stiftung tatsächlich zum Zweck der Steuerhinterziehung und damit missbräuchlich gegründet wurde.
Hinweis
1. Die Erblasserin (E) hatte in 1999 eine Stiftung in Liechtenstein errichtet und erhebliche Geldbeträge übertragen. Nach ihrem Tod im Jahr 2009 stellte sich die Frage, ob dieses Stiftungsvermögen im Zeitpunkt des Todes noch der E zuzurechnen war und damit in deren Nachlass fiel, oder ob es sich be...