[Vorspann]
DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,
gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Juli 2002 betreffend die Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards, insbesondere auf Artikel 3 Absatz 1,
in Erwägung nachstehender Gründe:
(1) Nach Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 müssen kapitalmarktorientierte Gesellschaften, die dem Recht eines Mitgliedstaats unterliegen, für Geschäftsjahre, die am oder nach dem 1. Januar 2005 beginnen, ihre konsolidierten Abschlüsse nach den internationalen Rechnungslegungsstandards aufstellen, die in Artikel 2 der genannten Verordnung definiert sind und durch eine Verordnung der Kommission in das EU-Recht übernommen werden müssen.
(2) Durch die Verordnung (EG) Nr. 1126/2008 der Kommission wurden die vom International Accounting Standards Board (IASB) bis zum 15. Oktober 2008 herausgegebenen oder angenommenen internationalen Rechnungslegungsstandards und zugehörigen Interpretationen in das EU-Recht übernommen. Diese Verordnung wurde geändert, um auch die vom IASB herausgegebenen oder angenommenen Standards und Interpretationen aufzunehmen, die die Kommission bis zum 8. September 2022 gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 in das EU-Recht übernommen hatte.
(3) Am 18. Mai 2017 hat der IASB den International Financial Reporting Standard (IFRS) 17 Versicherungsverträge (im Folgenden "IFRS 17") veröffentlicht; am 25. Juni 2020 folgten Änderungen an IFRS 17.
(4) IFRS 17 sieht einen umfassenden Ansatz für die Bilanzierung von Versicherungsverträgen vor. Der Standard soll sicherstellen, dass ein Unternehmen in seinem Abschluss relevante Informationen bereitstellt, die die Versicherungsverträge wahrheitsgetreu darstellen. Diese Informationen bieten den Abschlussadressaten eine solide Grundlage, um die Auswirkungen von Versicherungsverträgen auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage sowie die Zahlungsströme des Unternehmens beurteilen zu können.
(5) IFRS 17 gilt für Versicherungsverträge, Rückversicherungsverträge sowie für Kapitalanlageverträge mit ermessensabhängiger Überschussbeteiligung. In der Union gibt es viele verschiedene Lebensversicherungs- und Lebensversicherungssparverträge, bei denen Verbindlichkeiten und Rückstellungen sich bestmöglichen Schätzungen zufolge (ohne fondsgebundene Verträge) auf insgesamt etwa 5,9 Billionen Euro belaufen. In mehreren Mitgliedstaaten sehen einige dieser Verträge eine direkte und eine ermessensabhängige Überschussbeteiligung vor und ermöglichen Risikoteilung und Zahlungsströme zwischen verschiedenen Generationen von Versicherungsnehmern.
(6) In einer Reihe von Mitgliedstaaten werden Lebensversicherungsverträge auch über mehrere Generationen hinweg gesteuert, um Zins- und Langlebigkeitsrisiken abzuschwächen, und liegt der Versicherungsverbindlichkeit ein nur hierfür bestimmter Pool von Vermögenswerten zugrunde, doch sehen solche Verträge keine direkte Überschussbeteiligung im Sinne von IFRS 17 vor. Wenn solche Verträge die Anforderungen der Richtlinie 2009/138/EG des Europäischen Parlaments und des Rates erfüllen und die Versicherungsaufsicht dies genehmigt hat, kann bei einigen dieser Verträge für die Berechnung der Solvenzquote nach Solvabilität II eine Matching-Anpassung vorgenommen werden.
(7) In ihrer Übernahmeempfehlung gelangte die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) zu dem Schluss, dass IFRS 17 die in Artikel 3 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 genannten Kriterien für eine Übernahme erfüllt. Kein Einvernehmen erzielen konnte die EFRAG allerdings in der Frage, ob die Gruppierung generationsübergreifend mutualisierter und Cashflow-angepasster Verträge in Jahreskohorten den fachlichen Übernahmekriterien entspricht oder dem europäischen öffentlichen Interesse dient. Dies entspricht den Standpunkten, die Interessenvertreter zur Übernahmeempfehlung der EFRAG geäußert hatten, wie auch den Standpunkten der Sachverständigen der Mitgliedstaaten im Regelungsausschuss für Rechnungslegung.
(8) Um eine Börsennotierung in Drittländern zu erleichtern oder den Erwartungen globaler Investoren gerecht zu werden, sollten Unternehmen aus der Union IFRS 17 in der vom IASB herausgegebenen Fassung anwenden können.
(9) Doch spiegelt die Vorgabe, Jahreskohorten als Bilanzierungseinheiten für Gruppen von Versicherungs- und Kapitalanlageverträgen zu bilden, nicht immer das Geschäftsmodell oder die rechtlichen und vertraglichen Merkmale der in den Erwägungsgründen 5 und 6 genannten generationsübergreifend mutualisierten und Cashflow- angepassten Verträge wider. Auf diese Verträge entfallen mehr als 70 % der in der Union insgesamt bestehenden Verbindlichkeiten und Rückstellungen aus Lebensversicherungsverträgen. Wendet man die Vorgabe zur Bildung von Jahreskohorten auf solche Verträge an, hat dies nicht immer ein günstiges Kosten-Nutzen-Verhältnis zur Folge.
(10) Da die IFRS von global kapitalmarktorientierten Un...