Dipl.-Finw. (FH) Helmut Lehr
Leitsatz
Die im Rahmen von Pauschalreisepaketen mitverkaufte Verpflegung von Hotelgästen im Ausland stellt eine Nebenleistung zur Übernachtung dar. Als Nebenleistungen kommen auch solche Leistungen in Betracht, die ein Hotelier bei Dritten bezieht.
Sachverhalt
Gestritten wurde darum, ob Restaurationserlöse i. H. v. rund 44.000 EUR nach § 3a Abs. 2 Nr. 1 UStG a. F. (Streitjahr 2007) am Belegenheitsort des jeweiligen Hotels im Ausland oder gemäß § 3a Abs. 1 UStG a. F. im Inland am Geschäftssitz der Klägerin ausgeführt worden sind. Bei der Klägerin handelt sich um eine Private Limited Company (plc) mit Sitz im Vereinigten Königreich. Sie hatte im März 2007 im Inland eine Tätigkeit als Gruppen- und Paketreiseveranstalter aufgenommen. Bei den nicht im Inland steuerbaren Umsätzen handelte es sich nahezu ausschließlich um Reisepakte für Rundreisen in das Vereinigte Königreich, vorzugsweise Irland, Schottland und Südengland, die die plc gegenüber anderen Reiseunternehmen erbrachte. Sie vertrat gegenüber dem Finanzamt die Auffassung, dass die in ihren Umsätzen enthaltenen Restaurationserlöse entsprechend dem BFH, Urteil v. 15.1.2009, V R 9/06 im Inland nicht steuerbar seien, weil sie als Nebenleistung zu den Übernachtungserlösen am Belegenheitsort der jeweiligen Hotels (im Vereinigten Königreich) im Ausland erbracht wurden. Das Finanzamt ging allerdings davon aus, dass die Verpflegungsleistungen eine eigenständige Bedeutung hätten für den Leistungsempfänger und wollte sie deshalb am Geschäftssitz der Klägerin im Inland entsprechend § 3a Abs. 1 UStG a. F. versteuern.
Entscheidung
Die Klage hatte Erfolg. Bei den Restaurationserlösen handelt es sich nach Ansicht des Finanzgerichts um Nebenleistungen zur Unterbringung, die nach § 3a Abs. 2 Nr. 1 UStG a. F. im übrigen Gemeinschaftsgebiet am Belegenheitsort des jeweiligen Hotels steuerbar sind. Nach dem EuGH, Urteil v. 22.10.1998, C - 308/96 und C - 94/97 stellen gewöhnlich mit Reisen verbundene Dienstleistungen, auf die im Verhältnis zur Unterbringung nur ein geringer Teil des Pauschalbetrags entfällt und die zu den traditionellen Aufgaben eines Hoteliers gehören, für die Kundschaft das Mittel dar, um die Hauptdienstleistung des Hoteliers unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen, so dass es sich um Nebenleistungen handelt. Nach diesem zu einem pauschalen Leistungspaket, bestehend aus einer Hotelunterbringung mit Halbpension und Busbeförderung, ergangenen EuGH-Urteil ist es üblich, dass Wirtschaftsteilnehmer wie Hoteliers, die gewöhnlich mit Reisen verbundene Dienstleistungen erbringen, bei Dritten bezogene Leistungen in Anspruch nehmen, die nicht nur im Vergleich zu den Umsätzen, die die Unterbringung betreffen, geringe Teile des Pauschalbetrags ausmachen, sondern auch zu den traditionellen Aufgaben dieser Wirtschaftsteilnehmer gehören. Diese von Dritten bezogenen Leistungen erfüllen somit für die Kundschaft keinen eigenen Zweck, sondern stellen das Mittel dar, um die Hauptdienstleistung dieses Wirtschaftsteilnehmers unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen. Können nach dieser EuGH-Rechtsprechung somit selbst Leistungen, die ein Hotelier bei Dritten bezieht, Nebenleistungen zur Unterbringung im Hotel sein, gilt dies auch für Nebenleistungen, die - wie z. B. Restaurantdienstleistungen - der Hotelier selbst erbringt, wenn der auf die Nebenleistung entfallende Teil eines für Unterbringung und Nebenleistung zur entrichtenden Pauschalentgelts gering ist (vgl. insoweit auch BFH, Urteil v. 15.1.2009, V R 9/06).
Bei Anwendung dieser Rechtsgrundsätze sind die streitbefangenen Verpflegungsleistungen vorliegend als Nebenleistung zur Hotelunterbringung zu beurteilen und nach § 3a Abs. 2 Nr. 1 UStG a. F. am Belegenheitsort des betreffenden Hotels steuerbar.
Hinweis
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Auffassung der Finanzverwaltung nach heute geltendem Recht dazu führen würde, dass im vorliegenden Fall die Restaurationsleistungen ebenfalls im Ausland erbracht werden und somit nicht steuerbar sind (vgl. § 3a Abs. 3 Nr. 3b UStG n. F.). Insofern mag es zunächst verwundern, dass die Finanzverwaltung das BFH, Urteil v. 15.1.2009, V R 9/06 mit einem Nichtanwendungserlass belegt hat (vgl. BMF, Schreiben v. 4.5.2010, BStBl 2010 I S. 433). Dem Fiskus geht es jedoch vordergründig darum, den Regelsteuersatz für im Inland erbrachte Verpflegungsleistungen von Hotels durchzusetzen, weil dieses Steueraufkommen durch Einführung der Steuerermäßigung für Beherbergungsleistungen in Hotels (vgl. § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG) gefährdet ist. Schließlich kann die Steuerermäßigung für Hotelübernachtungen auch auf das Frühstück bzw. die Halbpension, etc. durchschlagen, sofern es sich hierbei nur um Nebenleistungen handelt. Zu dieser Frage sind derzeit eine ganze Reihe von Revisionsverfahren beim BFH anhängig (vgl. u. a. XI R 22/12, XI R 20/12, V R 25/11 und XI R 3/11). Dass die Verpflegung von Hotelgästen eine Nebenleistung zur Übernachtung darstellt, die als Teil der Gesamtleistung am Ort der B...