Leitsatz
1. Wird im Fall einer vorschussweise gewährten Ausfuhrerstattung das Beförderungspapier nicht innerhalb der vorgeschriebenen Fristen vorgelegt, so ist der gewährte Vorschuss zurückzufordern.
2. Die Erwägungen des Senats in seinem Beschluss vom 23.8.2000, VII B 145, 146/00 (BFH/NV 2001, 75) lassen sich auf den Fall, dass die Ausfuhrerstattung noch nicht endgültig, sondern nur vorschussweise gewährt worden ist, nicht übertragen.
3. Das HZA ist nicht verpflichtet, den Ausführer vor Ablauf der für die Vorlage des Beförderungspapiers festgelegten Fristen auf das Fehlen des Beförderungspapiers hinzuweisen.
4. Im Fall der Nichtvorlage eines Beförderungspapiers als Voraussetzung für die endgültige Gewährung einer bisher nur vorschussweise gewährten Ausfuhrerstattung kommt ein Vertrauensschutz zu Gunsten des Ausführers nicht in Betracht.
Normenkette
Art. 234 EG , Art. 16 VO (EWG) Nr. 3665/87 , Art. 18 Abs. 1 bis 3 VO (EWG) Nr. 3665/87 , Art. 22 VO (EWG) Nr. 3665/87 , Art. 23 VO (EWG) Nr. 3665/87 , Art. 47 Abs. 1 bis 4 VO (EWG) Nr. 3665/87 , Art. 48 Abs. 3 Buchst. B VO (EWG) Nr. 3665/87
Sachverhalt
Ein Exporteur führte 1997 Käse nach Russland aus, wofür ihm das HZA im Weg des Vorschusses Ausfuhrerstattung gewährte. Später forderte das HZA die Ausfuhrerstattung mit einem Zuschlag von 15 % mit der Begründung zurück, der Frachtbrief sei nicht vorgelegt worden.
Der Exporteur berief sich demgegenüber darauf, die Frage der Vollständigkeit der Dokumente sei mit dem HZA telefonisch besprochen worden. Dabei sei der fehlende Frachtbrief nicht zur Sprache gekommen. Im Übrigen legt er während des finanzgerichtlichen Verfahrens den fehlenden Frachtbrief vor.
Entscheidung
Der BFH hat die Rückforderung des Vorschusses für gerechtfertigt gehalten. Die verspätete Vorlage des Frachtbriefs stehe dem nicht entgegen. Die Fristversäumnis habe den Verlust des Anspruchs auf Zahlung der Ausfuhrerstattung zur Folge.
Um diesen Anspruch gehe es aber, weil der Exporteur bisher noch keine Ausfuhrerstattung erhalten habe, sondern nur einen Vorschuss auf die ihm mutmaßlich künftig zu gewährende Erstattung. Die Überlegung des BFH, dass Fristversäumnis der hier vorliegenden Art möglicherweise der Rückforderung trotz fehlender Dokumente vom HZA gewährter Ausfuhrerstattung nicht mehr entgegengehalten werden könne (BFH, Beschluss in BFH/NV 2001, 75), sei deshalb im Streitfall nicht einschlägig.
Hinweis
1. Unterscheiden Sie die normale Ausfuhrerstattung von der sog. differenzierten Ausfuhrerstattung! Erstere wird grundsätzlich schon dann gewährt, wenn feststeht, dass die Ware das Gebiet der Gemeinschaft verlassen hat (mag sie auch das Bestimmungsland nicht erreicht haben, z.B. weil sie vorher verdorben und vernichtet worden ist). Differenzierte Ausfuhrerstattung hingegen wird für den Import von Waren in bestimmte Länder gewährt, die in der jeweiligen Erstattungsverordnung festgelegt sind. Sie kann folglich nur gezahlt werden, wenn die Ankunft der Ware in dem betreffenden Land feststeht.
2. Beachten Sie, dass es sich in dem – nicht seltenen – Fall, dass Ausfuhrerstattung bis auf wenige einzelne oder sogar ein einziges Land für alle Länder gewährt wird, rechtlich um differenzierte Ausfuhrerstattung handelt.
3. Um differenzierte Ausfuhrerstattung erhalten zu können, müssen Sie u.a. die Beförderung der Ausfuhrware in das Bestimmungsland durch Vorlage des Frachtbriefs bzw. bei gebrochener Beförderung sämtlicher Frachtbriefe nachweisen. Für diesen Nachweis sind Ihnen Fristen gesetzt. Können Sie die Frachtbriefe innerhalb der Vorlagefrist von 12 Monaten nach Annahme der Ausfuhranmeldung nicht vorlegen, kann Ihnen auf rechtzeitigen Antrag eine zusätzliche Frist gewährt werden (vgl. im Einzelnen Art. 49 VO [EG] Nr. 800/1999). Werden die Dokumente verspätet vorgelegt, wird die zu gewährende Ausfuhrerstattung vermindert (vgl. im Einzelnen Art. 50 VO [EG] Nr. 800/1999).
4. Sie müssen sich um die vollständige und fristgerechte Vorlage der erforderlichen Dokumente selbst kümmern. Fehler, die Ihnen dabei unterlaufen, werden grundsätzlich selbst dann nicht entschuldigt, wenn das HZA den Fehler nicht bemerkt und Sie auf den Ihnen unterlaufenen Fehler – ggf. trotz Ihrer Nachfrage – nicht hinweist.
5. Der BFH hat in dem Beschluss in BFH/NV 2001, 75 für fraglich gehalten, ob das HZA einem Exporteur Fristversäumnis entgegenhalten kann, wenn es zunächst die Ausfuhrerstattung trotz der Nicht-Vorlage der erforderlichen Dokumente gewährt hat, das Fehlen eines Frachtbriefs selbst erst nach Ablauf der Vorlagefrist bemerkt und der Exporteur den Brief sofort vorlegt, nachdem er auf sein Fehlen hingewiesen worden ist.
Beachten Sie aber, dass diese Entscheidung ausdrücklich mit den rechtssystematischen Unterschieden zwischen dem Verfahren der Gewährung und Zahlung von Ausfuhrerstattung und dem Verfahren zur Rückforderung gewährter und ausgezahlter Ausfuhrerstattung begründet worden ist.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 7.11.2002, VII R 49/01