Leitsatz
1. Eine vGA setzt voraus, dass die Unterschiedsbetragsminderung bei der Körperschaft die Eignung hat, beim Gesellschafter einen sonstigen Bezug i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen.
2. Beiträge, die eine GmbH für eine Lebensversicherung entrichtet, die sie zur Rückdeckung einer ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer zugesagten Pension abgeschlossen hat, stellen auch dann keine vGA dar, wenn die Pensionszusage durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist.
Normenkette
§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG
Sachverhalt
Die Klägerin, eine GmbH mit abweichendem Wirtschaftsjahr zum 30.6., stellte ihren beiden damaligen, je hälftig beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführern in den Anstellungsverträgen vom 1.9.1991 jeweils eine Altersversorgung in Aussicht, die mit Abschluss entsprechender Rückdeckungsversicherungen wirksam werden sollte. Sie bildete hiernach in den Streitjahren 1993 und 1994 eine Pensionsrückstellung. Die zunächst auch im Streitjahr 1995 gebildete Rückstellung wurde noch innerhalb dieses Jahres aufgelöst, weil die Gesellschafter-Geschäftsführer auf die ihnen erteilten Zusagen wegen der verschlechterten Ertragslage der Klägerin verzichtet hatten.
Das FA sah die Zuführungen zu der Rückstellung ebenso wie die Beitragszahlungen für die Versicherungen als vGA an; es fehle am Abwarten angemessener Probezeiten vor Erteilung der Pensionszusagen.
Entscheidung
Die dagegen gerichtete Klage, mit der die Klägerin sich gegen die körperschaftsteuerliche Behandlung der Versicherungsbeiträge wandte, blieb erfolglos. Der BFH ließ dagegen auf Beschwerde der Klägerin die Revision zu und gab dieser auch statt. Er kreiert dabei eine Abwandlung des vGA-Begriffsverständnisses: Um eine vGA annehmen zu können, bedarf es zwar keines Vorteilszuflusses beim Gesellschafter i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG. Die betreffende Vermögensminderung auf der Ebene der Kapitalgesellschaft muss aber jedenfalls die objektive Eignung haben, einen solchen Vorteil auslösen und bewirken zu können.
Bei den Prämien für eine Rückdeckungsversicherung sei eine solche Eignung nicht zu erkennen. Diese Versicherungen würden abgeschlossen, um das finanzielle Risiko der den beiden Gesellschafter-Geschäftsführern der Klägerin gegebenen Versprechen auf Gewährung einer Altersversorgung abzusichern. Versicherungsnehmerin und Bezugsberechtigte der Versicherungen sei die Kapitalgesellschaft, es seien dies nicht die Begünstigten der Pensionszusagen. Die Ansprüche aus den Versicherungen seien deshalb in der Bilanz der Klägerin entsprechend zu aktivieren (vgl. BFH, Urteil vom 28.6.2001, IV R 41/00, BFH-PR 2002, 4, m.w.N.; R 41 Abs. 24 EStR); sie seien nicht mit den Pensionsverbindlichkeiten zu saldieren (Grundsatz der Einzelbewertung, vgl. § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB; Verrechnungsverbot, § 246 Abs. 2 HGB).
Zugleich stellten die Versicherungsbeiträge Betriebsausgaben dar. Dies gelte auch dann, wenn die Zuführungen zu den Pensionsrückstellungen körperschaftsteuerrechtlich ganz oder teilweise als vGA zu qualifizieren seien.
Hinweis
1.Unter einer vGA i.S.d. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG verstand der BFH bislang traditionell und in ständiger Rechtsprechung bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung), die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Einkommens auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht. Für den größten Teil der entschiedenen Fälle wird die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte.
An diesem Begriffsverständnis hat sich im Grund seit geraumer Zeit nichts geändert, auch nicht nach der Umstellung des bisherigen körperschaftsteuerlichen Anrechnungs- auf das Halbeinkünfteverfahren.
2. Zwei Neuerungen dieser Definition sind allerdings zu vermerken:
Zum einen wird neuerdings die "Zielrichtung" der erforderlichen Vermögensminderung verändert. Anstelle der Einkommenshöhe, auf die sich diese Minderung auswirkt, ist dies nunmehr die Höhe des Unterschiedsbetrags gem. § 4 Satz 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG. Grund hierfür ist der Umstand, dass auch steuerfreie Minderungseffekte erfasst werden sollen. Die Definitionsveränderung wirkt also tendenziell erweiternd.
Zum anderen ergibt sich aus dem Urteilsfall eine Einschränkung des vGA-Verständnisses: Zwar genügt nach wie vor die Vermögensminderung auf der Ebene der Kapitalgesellschaft und ist ein korrespondierender Vermögenszufluss beim Gesellschafter nicht vonnöten. Es bleibt also bei den beiden Beurteilungsebenen. Allerdings "taugen" nur solche Unterschiedsbetragsminderungen als vGA bei der Gesellschaft, welche die (objektive) Eignung haben, beim Gesellschafter einen Vorteil in Gestalt eines sonstigen Bezugs i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen. Beispiele dafür liefern etwa Risikogeschäfte, die eine Kap...