Leitsatz
Hat sich ein vom Dienst freigestellter Beamter nach Vollendung des 58. Lebensjahres unter teilweiser Weitergewährung seiner Bezüge bis zum Eintritt in den Ruhestand vom Dienst freistellen lassen, kann ihm der Versorgungsfreibetrag bewilligt werden. Für die steuerliche Beurteilung kommt es nur auf den Gehalt der vereinbarten Regelung an. Sobald er unwiderruflich nicht mehr im aktiven Dienst tätig ist und Versorgungsbezüge bezieht, ist er nicht mehr als aktiver Beamter anzusehen.
Sachverhalt
Ein 58jähriger städtischer Beamter wird aufgrund seines Antrags unwiderruflich mit Ablauf des 31.12.1997 bis zum Eintritt bzw. bis zur Versetzung in den Ruhestand vom Dienst freigestellt. Er erhält im Jahr 1998 Bruttobezüge in Höhe des zum Zeitpunkt der Freistellung nach dem Beamtenversorgungsrecht erreichten Ruhegehaltssatzes (75 % der aktiven Bezüge). In seiner Einkommensteuererklärung beantragt er die als Sonderurlaubsvergütung bezeichneten Beamtenbezüge als Versorgungsbezüge anzusehen und ihm den Versorgungsfreibetrag zu gewähren. Diese sog. Sonderurlaubsvergütungen wurden als laufende Bezüge ohne Berücksichtigung des Versorgungs-Freibetrags durch seinen Arbeitgeber der Lohnsteuer unterworfen. Das Finanzamt lehnte die Berücksichtigung eines Versorgungs-Freibetrags ab.
Entscheidung
Ruhegelder und andere Bezüge und Vorteile aus früheren Dienstleistungen unterliegen im Jahr 1998 der vollen Einkommensbesteuerung. Von Versorgungsbezügen bleibt ein Betrag in Höhe von 40 % dieser Bezüge, höchstens jedoch insgesamt ein Betrag von 6.000 DM im Veranlagungszeitraum steuerfrei (Versorgungs-Freibetrag). Zu den Versorgungsbezügen gehören Bezüge und Vorteile aus früheren Dienstleistungen, die u.a. als Ruhegehalt aufgrund beamtenrechtlicher oder entsprechender gesetzlicher Vorschriften gewährt werden. Der Versorgungs-Freibetrag soll den Belastungsunterschied zur Ertragsanteilsbesteuerung bei Rentenbezügen abmildern.
Der Steuerpflichtige erfüllt die Voraussetzungen für die Gewährung des Versorgungs-Freibetrags in Höhe von 6.000 DM, weil diese Vergütungen Versorgungsbezüge aus dem öffentlichen Dienst sind. Die sog. Sonderurlaubsvergütungen sind unter Berücksichtigung der zugrunde liegenden beamtenrechtlichen Regelungen und der vertraglichen Vereinbarungen zwischen dem Steuerpflichtigen und seinem Arbeitgeber keine Vergütungen für einen echten Sonderurlaub, sondern Bezüge, die den Ruhegehältern gleichgestellt sind. Diese Bezüge erhält der Steuerpflichtige im Zusammenhang mit früheren Leistungen im öffentlichen Dienst. Für die Frage, ob Versorgungsbezüge in Form gleichartiger Ruhegehälter vorliegen, kommt es nicht entscheidend darauf an, ob eine ausdrückliche vorzeitige Versetzung in den Ruhestand oder eine formale Dienstbefreiung nach der Sonderurlaubs-Verordung vorliegt. Es kommt vielmehr auf den Gehalt, und nicht auf das Etikett der vereinbarten Regelung an. Hier geht es in der Tat nicht um einen vorübergehenden Sonderurlaub, sondern um die endgültige, nämlich unwiderrufliche Freistellung vom Dienst als gleitender Übergang in den tatsächlichen Ruhestand.
Hinweis
Das Gericht hat die Revision an den BFH wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen. Das Finanzamt hat unter dem Az. VI R 59/04 beim BFH Revision eingelegt.
Link zur Entscheidung
Niedersächsisches FG, Urteil vom 31.03.2004, 7 K 393/99