Dipl.-Finanzwirt Helmut Bur
Leitsatz
Aufwendungen für den behindertengerechten Umbau eines Wohngebäudes können als außergewöhnliche Belastung abziehbar sein und im Wege der abweichenden Festsetzung von Steuern aus Billigkeitsgründen nach § 163 AO auf mehrere Jahre verteilt werden, wenn ein zu geringer Gesamtbetrag der Einkünfte dem vollen Abzug der Aufwendungen entgegensteht.
Sachverhalt
In der Einkommensteuererklärung 2009 machten die Steuerpflichtigen Aufwendungen für den behindertengerechten Umbau ihres Wohnhauses als außergewöhnliche Belastung geltend. Das Finanzamt erkannte die Umbaukosten i. H. v. 135.143 EUR als außergewöhnliche Belastung im Sinne des § 33 EStG in vollem Umfang an. Die Steuerpflichtigen beantragten zudem die Verteilung der Umbaukosten auf 10 Jahre, da der Gesamtbetrag der Einkünfte für 2009 zu gering war, als dass sich die außergewöhnliche Belastung entsprechend hätte auswirken können. Das Finanzamt folgte dem nicht und setzte die Einkommensteuer unter Ansatz der gesamten Umbaukosten auf 0 EUR fest.
Entscheidung
Das FG hält in extremen Fällen - wie dem vorliegenden - eine Billigkeitsregelung dahingehend für angemessen, dass der Steuerpflichtige die Aufwendungen für den behindertengerechten Umbau eines Wohngebäudes - in Anlehnung an den Rechtsgedanken, der dem § 82b EStDV und dem § 34 Abs. 1 EStG zugrunde liegt - auf maximal 5 Jahre verteilen kann. Die für die Anwendung des § 163 Satz 1 AO erforderliche niedrigere Steuerfestsetzung ergibt sich nach Auffassung des FG aus einer Betrachtung der Steuer im Verteilungszeitraum. Diese ist mit der Verteilung zweifelsfrei niedriger als ohne dieselbe. Ein längerer Verteilungszeitraum - auf 10 Jahre, wie von den Steuerpflichtigen beantragt - erschien dem FG dagegen unangemessen, weil es hierfür keine Anhaltspunkte im Gesetz gibt.
Hinweis
Aufwendungen für den behindertengerechten Umbau eines Hauses können als außergewöhnliche Belastungen abziehbar sein, wenn sie so stark unter dem Gebot der sich aus der Situation ergebenden Zwangsläufigkeit stehen, dass die etwaige Erlangung eines Gegenwertes in Anbetracht der Gesamtumstände des Einzelfalles in den Hintergrund tritt. Sind die durch die Behinderung veranlassten reinen Umbaukosten danach als außergewöhnliche Belastungen anzuerkennen, so folgt daraus nach dem Gesetzeswortlaut eigentlich der Sofortabzug der Aufwendungen im Veranlagungszeitraum der Zahlung. Der BFH hat es in seinem Urteil v. 22.9.2009, VI R 7/09, BStBl 2010 II S. 280, allerdings für denkbar gehalten, dem Steuerpflichtigen im Wege der abweichenden Festsetzung von Steuern aus Billigkeitsgründen nach § 163 AO ein Wahlrecht auf Verteilung der Aufwendungen einzuräumen, wenn ein zu geringer Gesamtbetrag der Einkünfte dem vollen Abzug der Aufwendungen entgegensteht. Das FG des Saarlandes hat sich dieser Auffassung angeschlossen und eine Verteilung auf 5 Jahre für sachgerecht gehalten. Wegen grundsätzlicher Bedeutung dieser Rechtssache hat es die Revision zugelassen. Der BFH muss nunmehr in dem unter dem Az. VI R 68/13 geführten Revisionsverfahren insoweit für Rechtssicherheit sorgen.
Link zur Entscheidung
FG des Saarlandes, Gerichtsbescheid vom 06.08.2013, 1 K 1308/12