Der Rücktritt vom Vertrag im Falle einer Leistungsstörung ist in den §§ 323 ff BGB geregelt. Die Regelungen folgen systematisch dem Modell des Schadensersatzes bei Leistungsstörungen in §§ 280 ff. BGB. Nach dem Vorbild des UN-Kaufrechts ist das gesetzliche Rücktrittsrecht jedoch verschuldensunabhängig. Für den Fall der Unmöglichkeit wird es durch eine gesetzliche Leistungsbefreiung ergänzt. Als Gestaltungsrecht unterliegt der Rücktritt nicht unmittelbar der Verjährung, ist aber an die Verjährung des Leistungs- oder Nacherfüllungsanspruchs angebunden.
4.2.1 Rücktritt bei nicht oder nicht vertragsgemäß erbrachter Leistung
Der Gläubiger kann von einem gegenseitigen Vertrag zurücktreten, wenn
- der Schuldner die fällige Leistung (ganz oder teilweise) nicht oder nicht vertragsgemäß erbracht hat und
- eine vom Gläubiger gesetzte, angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung erfolglos geblieben ist.
In bestimmten Fällen ist die Fristsetzung entbehrlich, etwa wenn der Schuldner "ernsthaft und endgültig" verweigert, die geschuldete Leistung zu erbringen. Kommt nach der Art der Pflichtverletzung eine Fristsetzung nicht in Betracht, etwa weil das geschuldete Verhalten in einem Unterlassen besteht, so tritt an ihre Stelle eine Abmahnung.
In drei Konstellationen ist der Rücktritt ausgeschlossen bzw. an weitere Voraussetzungen geknüpft:
- Hat der Schuldner eine Teilleistung bewirkt, kann der Gläubiger vom ganzen Vertrag nur zurücktreten, wenn er an der Teilleistung kein Interesse hat.
- Hat der Schuldner die geschuldete Leistung schlecht ( "nicht vertragsgemäß") erfüllt, ist der Rücktritt ausgeschlossen, wenn die Pflichtverletzung "unerheblich" ist.
- Der Rücktritt ist schließlich auch dann ausgeschlossen, wenn der Rücktrittsgrund ganz oder weit überwiegend in die Verantwortung des Gläubigers fällt oder während des Annahmeverzuges des Gläubigers eintritt.
Eine Ablehnungsandrohung ist nicht erforderlich. Auch kann der Gläubiger seinen ursprünglichen Erfüllungsanspruch über die Fristsetzung hinaus aufrechterhalten; dieser geht erst mit der gestaltenden Rücktrittserklärung, die das Schuldverhältnis in ein Rückgewährschuldverhältnis umwandelt, unter.
4.2.2 Rücktritt bei Verletzung nicht leistungsbezogener Nebenpflichten
Der Gläubiger kann von einem gegenseitigen Vertrag zurücktreten, wenn
- der Schuldner eine nicht leistungsbezogene Schutz- oder sonstige Verhaltenspflicht im Sinne des § 241 Abs. 2 BGB verletzt hat und
- dem Gläubiger ein Festhalten am Vertrag nicht mehr zuzumuten ist.
Wie in der parallelen Regelung zum "Schadensersatz statt der Leistung wegen Verletzung einer Pflicht nach § 241 Abs. 2 BGB " wird im Falle der Verletzung nicht leistungsbezogener Vertragspflichten auf das Erfordernis der Fristsetzung verzichtet. Durch das Kriterium der Unzumutbarkeit wird sichergestellt, dass der Gläubiger eine marginale Verletzung der Pflichten des § 241 Abs. 2 BGB nicht zum ungerechtfertigten "Ausstieg" aus dem Vertrag nutzen kann.
4.2.3 Rücktritt des Gläubigers bei Unmöglichkeit der Leistung des Schuldners
In den Fällen der Unmöglichkeit nach § 275 BGB entfällt der Anspruch auf die Gegenleistung kraft Gesetz. Insoweit bedarf es keines Rücktritts des Gläubigers. Eine danach nicht geschuldete, aber bereits erbrachte Gegenleistung kann zurück gefordert werden. Bei teilweiser Unmöglichkeit verweist § 326 Abs. 1 HS 2 BGB für die Berechnung der verbleibenden Gegenleistung auf die Minderung. Nur ausnahmsweise behält der Schuldner den Anspruch auf die Gegenleistung – so, wenn der Gläubiger für die Unmöglichkeit der Leistung "allein oder weit überwiegend verantwortlich" ist oder sich bei deren Eintritt im Annahmeverzug befand.
Ungeachtet der gesetzlichen Regelung in § 326 Abs. 1 BGB steht dem Gläubiger jedoch auch in den Fällen der Unmöglichkeit der Rücktritt offen. § 323 BGB gilt dafür entsprechend, mit der Maßgabe, dass die Fristsetzung entbehrlich ist. Die Rücktrittsoption auch für den Fall der Unmöglichkeit der Leistung ist für den Gläubiger in den Fällen vorteilhaft, in denen die Leistung ausbleibt, ohne dass der Gläubiger den Grund dafür kennt: Er kann in jedem Falle zurücktreten und erhält so die Sicherheit, von der Gegenleistung befreit zu werden. Die Fristsetzung kann er sich freilich nur in den Fällen des § 323 Abs. 2 BGB oder des § 326 Abs. 5 BGB ersparen.
4.2.4 Rücktritt und Schadensersatz
Rücktritt und Schadensersatz können nebeneinander geltend gemacht werden; insoweit bestimmt § 325 BGB:
"Das Recht, bei ein...