LfSt Bayern v. 14.7.2014, S 0622.1.1 - 23/2 St 42
1. Allgemeines
Zu dem Einspruchsverfahren eines Steuerpflichtigen gegen einen ihn belastenden Verwaltungsakt kann oder muss ein Dritter hinzugezogen werden, wenn seine rechtlichen Interessen berührt worden sind. Hierdurch soll das Verfahren in Fällen, in denen sich die gleiche Rechtsfrage auch gegenüber Dritten auswirkt und eine Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann, vereinfacht werden und eine Häufung von Rechtsstreiten sowie der Erlass widersprechender Entscheidungen verhindert werden.
Das Gesetz unterscheidet zwischen der
Eine besondere Form stellt die Hinzuziehung nach § 174 Abs. 5 AO dar (vgl. hierzu Karte 1 zu § 174 AO).
2. Einfache Hinzuziehung
Die einfache Hinzuziehung steht im pflichtgemäßen Ermessen der Finanzbehörde und setzt voraus, dass rechtliche Interessen eines Dritten berührt sein können, BFH-Beschluss vom 29.11.1995, X B 328/ 94 (BStBl 1996 II S. 322). Hierunter ist das Begehren auf eine gesetzmäßige Entscheidung nach den Steuergesetzen zu verstehen; es genügt also weder ein persönliches noch ein sonstiges nichtsteuerliches Interesse. Die Möglichkeit, dass die rechtlichen Interessen nach den Steuergesetzen berührt werden, reicht aus, BFH-Beschluss vom 28.12.1998, VII B 280/98 (BFH/NV 1999 S. 815).
Die Hinzuziehung erfolgt nach Anhörung des Einspruchsführers (§ 360 Abs. 1 Satz 2 AO) auf Antrag oder von Amts wegen, § 360 Abs. 1 Satz 1 AO. Widerspricht der Einspruchsführer einer Hinzuziehung und nimmt er den Einspruch auch nicht zurück, muss die Finanzbehörde unter Abwägung der ihr bekannten Gesichtspunkte über die einfache Hinzuziehung entscheiden.
Von der einfachen Hinzuziehung sollte, außer bei der Zusammenveranlagung von Ehegatten (vgl. Tz. 3), nach Möglichkeit dann abgesehen werden, wenn die rechtlichen Interessen des Dritten den Belangen des Einspruchsführers zuwiderlaufen (BFH-Beschluss vom 17.8.1978, VII B 30/78, BStBl 1979 II S. 25).
Ist absehbar, dass dem Einspruch stattgegeben werden kann oder eine einvernehmliche Erledigung wahrscheinlich ist, sollte – außer bei Zusammenveranlagung von Ehegatten (vgl. Tz. 3) – wegen der sonst erforderlichen Zustimmung des Hinzugezogenen (s. Tz. 7) ebenfalls von einer einfachen Hinzuziehung abgesehen werden.
3. Hinzuziehung bei zusammenveranlagten Ehegatten/Lebenspartnern als Hauptanwendungsfall der einfachen Hinzuziehung
Nach ständiger BFH- Rechtsprechung ist bei zusammen veranlagten Eheleuten/Lebenspartner grundsätzlich keine Hinzuziehung des anderen Ehegatten/Lebenspartners erforderlich (z.B. BFH-Urteile vom 12.8.1977, VI R 61/75, BStBl 1977, 870 und vom 14.1.1997, VII R 66/96, BFH/NV 1997 S. 283). Diese ist jedoch zweckmäßig, um zu verhindern, dass gegen die Ehegatten/Lebenspartner als Gesamtschuldner unterschiedliche Steuerbeträge festgesetzt werden. Es empfiehlt sich daher, bei Ehegatten/Lebenspartner von der Möglichkeit der einfachen Hinzuziehung Gebrauch zu machen, wenn nicht beide Ehegatten/Lebenspartner Einspruch eingelegt haben. Dies gilt auch dann, wenn der hinzuzuziehende Ehegatte/Lebenspartner nicht über eigene Einkünfte verfügt, vgl. AEAO Nr. 3 zu § 360.
Bei einem Streit über die Zurechnung von Einkünften oder bei entgegengesetzten Interessen der Ehegatten soll stets eine Hinzuziehung erfolgen.
Hat im Falle der Zusammenveranlagung nur einer der Ehegatten/Lebenspartner den Einkommensteuerbescheid angefochten, so ist zunächst zu prüfen, ob der Einspruch nicht zugleich im Namen des anderen Ehegatten/Lebenspartner eingelegt worden ist. Dies kann jedoch nach ständiger BFH-Rechtsprechung nicht ohne weiteres angenommen werden, BFH-Urteil vom 27.11.1984, VIII R 73/82 (BStBl 1985 II S. 296) und BFH-Urteil vom 30.10.1997, III R 27/93 (BFH/NV 1998 S. 942).
Anhaltspunkte für einen Einspruch beider Ehegatten/Lebenspartner können beispielsweise die Formulierung im Schreiben („… legen wir Einspruch ein …”, die Nennung der Namen beider Ehegatten/Lebenspartner im Briefkopf oder die Unterschrift beider Ehegatten/Lebenspartner sein. Gibt es keine derartigen Indizien, die zuverlässig auch auf einen Einspruch des anderen Ehegatten/Lebenspartners hindeuten, ist Rücksprache mit dem Verfasser des Einspruchsschreibens zu halten. Diese Anfrage kann zweckmäßigerweise mit der Ankündigung der Hinzuziehung nach 360 Abs. 1 Satz 2 AO für den Fall verbunden werden, dass der Einspruch nicht auch vom anderen Ehegatten/Lebenspartner erhoben wurde. Hierfür ist die Vorlage „Ankündigung Hinzuziehung” zu verwenden (Allgemein>Rechtsbehelfe bzw. Rechtsbehelfsstelle). Von der Anfrage ist abzusehen, wenn der Einspruchsführer eindeutig zu erkennen gegeben hat, den Einspruch nur im eigenen Namen eingelegt zu haben (im Briefkopf nur Einspruchsführer angegeben; Schreiben in Ich-Form, nur Namensangabe und Unterschrift des Einspruchsführers am Ende des Schreibens).
Wenn nach der Rücksprache ein Einspruch beider Ehegatten/...